Kinder aus Buchenwald?

Diese Frage wurde im gleichnamigen Beitrag der Basler National-Zeitung vom 1. August 1945 gestellt:

In der Absicht, 350 Kindern im Alter von 13 bis 16 Jahren in der Schweiz einen Erholungsaufenthalt zu gewähren, reiste eine Vertreterin des Roten Kreuzes nach Buchenwald Tatsache ist, dass die schweizerische Vertreterin keine Kinder in Buchenwald antraf. Statt nun sofort wieder abzureisen, veranlasste sie eine Rundfrage unter den Lagerinsassen, wer in die Schweiz kommen wolle. Ungefähr 370 israelitische Jugendliche traten dann die Reise in die Schweiz auch an [bei jedem Zughalt] war eine mehr oder weniger grosse Anzahl Juden verschiedenen Alters [unbemerkt] eingestiegen Zwei Dinge erstaunen Wer geglaubt hatte, schwache, abgemagerte Kinder anzutreffen, wurde enttäuscht Man bekam meistens muntere, pausbackene junge Leute zu Gesicht. Zum zweiten haben diese Jugendlichen Anlass gegeben zu einer unwürdigen Hetze gegen das schweizerische Hilfswerk überhaupt. Wie sich aus Diskussionen ergibt, geben sie sich mit Unterhalt, Erholungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Lager nicht zufrieden, sondern verlangen, hier in der Schweiz einen Beruf auszuüben und zu verdienen. Sie verlangen des weiteren Taschengeld und Rationierungskarten; sie sind mit dem Essen nicht zufrieden und beschweren sich in heftigen Worten über die Umzäunung und die Überwachung des Lagers. Sie beklagen sich bitter über ihre vermeintliche Unfreiheit. Wir halten nur fest, dass von Seiten eines Schweizersoldaten etwas übergrosse Beherrschung verlangt wird, wenn er auf Titulierungen wie SS. im Interesse der schweizerischen Gastfreundschaft nicht reagieren soll. Diese Forderungen nun sind es, die von einer zweifelhaften Seite in einer bewusst demagogischen Art zu einer Hetze benützt werden. Man sagt, die Leute bekämen die gleiche Ration wie die Zivilbevölkerung, und das sei ungenügend für Kinder, die aus dem Lager von Buchenwald kommen. [Die Lagerinsassen] können tagsüber ohne weiteres das Lager verlassen Man spricht auch von düsteren Fabrikräumlichkeiten, die auf die Jungen niederdrückend wirken. Dabei schlafen jedoch alle in Betten, und wenn selbst der Vertreter der Israelitischen Gemeinschaft seiner Überraschung über die hellen und freundlichen, mit Blumen geschmückten Räumlichkeiten unumwunden Ausdruck gibt, dann kann man doch über die durchaus nicht niederdrückende Unterkunft beruhigt sein. Was das Essen der jungen Leute anbetrifft, sei noch folgendes gesagt. Sie erhalten zusätzlich zur Ration der Zivilbevölkerung: 100 Gramm Brot, 2 Deziliter Milch, 6 Gramm Fleisch, 5 Gramm Fett und die doppelte Quantität Öl. Diese Werte gelten pro Tag. Sie haben einen Radio zur Verfügung, können jederzeit baden gehen, Besuche empfangen und Besuche selbst in Basel machen.

Was in 50 Jahren Gehirnwäsche alles vergessen gehen kann? (Anm.: unterstrichene Hervorhebungen im Original.)