Buchbesprechung

Der Mensch in der Zerreissprobe zwischen
Alt- und Neuhirn

Jean-Jacques Hegg Biopolitik

Jean-Jacques Heggs Buch behandelt die zwei Hauptthemen Die biologischen Voraussetzungen der Politik und Was dringend zu tun ist, aufgeteilt in 36 Kapitel, in denen auch der Sonderfall Schweiz zur Sprache kommt. Das Buch spannt einen riesigen Bogen, angefangen bei Erklrungen zur Vererbungslehre, Aggressionstrieb, Territorialverhalten, Xenophobie, Rassismus ber explodierende und aussterbende Vlker, Einwanderung, bervlkerung, liberalistisches Wirtschaftsverhalten, Abfallerzeugung und Umweltvernichtung, Fehlverhalten der Politik gegenber diesen Szenerien, bis zu berechtigten Befrchtungen vor auf uns zukommenden Katastrophen. Hegg zeigt aber auch, wie die begangenen politischen Fehler korrigiert und die andernfalls unausweichlichen Katastrophen verhindert werden knnen.

Jean-Jacques Hegg Biopolitik. Zu beziehen bei:
Edition Hans Erpf, Postfach 6018, 3001 Bern, oder in jeder Buchhandlung. Preis
Fr. 44.

Heggs Werk ist beeindruckend faktenreich und durchgehend mit Quellenangaben versehen, die im Anhang des Buches aufgefhrt sind. Dort befinden sich auch 14 eng bedruckte Seiten mit einer reichhaltige Bibliographie mit weiterfhrenden Literaturangaben. Als Quellen sind viele populre Autoren aufgefhrt, so z.B. Konrad Lorenz, Sigmund Freud, C. G. Jung, Hannah Arendt, Herbert Marcuse, Noam Chomski, Karl Jaspers u.a. Heinrich Hediger, ehem. Direktor des Zoologischen Gartens in Basel, drfte ausser den Tier- und Verhaltensforschern zumindest auch den Baslern bekannt sein. Hufig wird Irenus Eibl-Eibesfeldt, der gegenwrtig wohl bekannteste Ethnologe des deutschen Sprachraums, genannt.

Leider fehlt ein Stichwortverzeichnis, das fr ein populrwissenschaftliches Werk wie das vorliegende kein Luxus gewesen wre, auch wenn die verwendeten Fachausdrcke auf das Allernotwendigste beschrnkt bleiben. Der Leser muss daher besonders auf den ersten Seiten des Kapitels Vererbungslehre gut aufpassen und im Bedarfsfalle, wenn weiter hinten im Buch dieselben Begriffe erneut auftauchen, auf die Erklrungen zurckgreifen. Dem Werk wrde man gerne einen die Bevlkerungsexplosion und Umweltzerstrung treffenderen Buchumschlag wnschen, zumal die abstrakteren Themen Aggressions- und Territorialverhalten bildlich noch weniger gut darstellbar sind. Die abgebildeten Personal-Computer und -Bediener lassen eine Assoziierung mit dem Buchtitel Biopolitik jedenfalls nicht entstehen.

Hegg gelingt es auf kaum widerlegbare Art, das massive Versagen der heutigen Politik darzustellen. An diesem Buch fhrt fr Soziologen, Anthropologen, Biologen, Politiker, Wirtschaftsfhrer, Militrs, Umweltschtzer wie auch fr Journalisten kein Weg vorbei. Eine grosse Tageszeitung, die diesem Buch nicht wenigstens eine halbe Seite fr eine Rezension gnnt, ist nicht lnger wert, gelesen zu werden. Nach einfhrenden, kurzen Erklrungen zur erbbiologischen Genetik (Vererbungslehre) wird verstndlich, wie z.B. durch das Auswhlen der aggressivsten Individuen fr die Paarung zur Weiterzucht ber mehrere Generationen die sehr aggressiven Kampfhunderassen entstanden sind. Ausgehend von diesen bekannten Prinzipien, deren sich heute auch die Gentechnologie bedient, entwickelt Hegg ber mehrere Stufen seine Thesen und Ursachenbegrndungen ber das Aggressionsverhalten und die Aggressionshemmungen, was ihn ber das Dominanzgebaren zum Territorialverhalten fhrt das dem Schutz der Biosphre, d.h. des eigenen Lebensraums dient. Hegg ist berzeugt, dass bervlkerung durch Wanderbewegungen oder Bevlkerungsvermehrung, die Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft, das gegenwrtige Konsumverhalten und die Abfallverursachung zur massiven Umweltzerstrung fhren:

Auf lngere Sicht ist insbesondere jede Politik, die versucht, durch moralische Erpressung mit den Schlagworten, Fremdenfeindlichkeit sei etwas Bses, den Territorialinstinkt und damit das Verhaltensmuster der Xenophobie als fr kurzfristige Ziele unbequemes Hindernis aus dem Weg zu rumen und so angeborene Verhaltensanlagen zu unterlaufen, zum Scheitern verurteilt. Denn dieses Verhaltensmuster wurde durch Gruppenselektion im Laufe von Jahrtausenden aus der berlebenswichtigen Notwendigkeit geboren, zu hohe Bevlkerungskonzentrationen zu vermeiden. Der Versuch, es zu ignorieren, kann nur in Katastrophen enden: soziale Katastrophen wie Krieg und gewaltttige Revolutionen, oder kologische Katastrophen mit dem Untergang der Lebensgemeinschaft, die ein solches System praktiziert! Die Verhinderung von Masseneinwanderungen ist das Gebot einer ethologisch aufgeklrten politischen Klugheit!

Um seine Leser nicht der Hoffnungslosigkeit zu berlassen und als Appell an elitre Volksschichten (Alphatiere) kommt Hegg im zweiten Teil seines Buches auf eine Anzahl von Problemlsungen zu sprechen, wie z.B. eine nderung des individuellen Verhaltens der Menschen; ein umgestaltetes ffentliches Erziehungswesen; Bilden von neuen Eliten und Wertesystemen; Psychohygiene, etwa durch die Verhinderung von Entritualisierungen des Aggressionstriebes, was bedeutet, die friedensstiftenden Rituale, wie etwa Landesgrenzen, nicht abzuschaffen, sondern im Gegenteil in Konfliktgebieten sogar neue territoriale Einfriedungen zwischen verfeindeten Gruppen zu ziehen, um den Streitigkeiten ein Ende zu bereiten: bis hieher ist mein Gebiet, mein Reich, von dort an ist es deines. Beachten wir beide diese Grenze und schliessen wir so Frieden!. Zu denken wre etwa an Nordirland. Die Tschechen und Slowaken haben es vorgemacht. Man sollte Menschen, die sich von ihrem ethnisch-kulturell-religisen Selbstverstndnis her als nicht zusammengehrig fhlen, nicht mit usseren Machtmitteln dazu zwingen wollen, zusammenzuleben.

Eine besondere Bedeutung misst Hegg dem Sport bei der Mglichkeit zu, durch Psychohygiene die im Alltag aufgestauten aggressiven Triebenergien zu ritualisieren, vorausgesetzt, den im kollektiven Unbewussten schlummernden Krften werden nicht durch Nichtwissen oder aus Dummheit falsche Signale gegeben.