Christoph Blochers neue Kleider
Die Schweizerzeit vom 22.3.02 brachte einen Beitrag von Dr. Christoph Blocher ber die Privatisierung von Staatsbetrieben Zum Geschwtz ber den Service public. Die Realisierung des freien Wettbewerbs des Marktes gefhrdet zwangslufig die Versorgung unseres Landes mit einheimischen Landwirtschaftsprodukten wie Milch, Kse, Eier, Getreide, Frchte, Gemse. Die Agrarbrokratie kann abgeschafft werden fordert Blocher, und damit auch die buerlichen Subventionen gestrichen und die Bauern dem freien Wettbewerb mit auslndischen Grossproduzenten ausgeliefert werden. Er nennt solches: Dem Bauern die Freiheit des Marktes geben. Oha ltz! Ist sein Angebot eine Nachahmung der bundesrtlichen Abstimmpropaganda, wo statt von Kampftruppen und Schlachtfeldern von Friedenstruppen geschwtzt wird? In Wahrheit wird mit dem freien Wettbewerb der buerliche Kleinbetrieb dem globalisierten Markt ausgeliefert, mit dem er nicht konkurrieren kann und daher zugrunde geht. Damit verlieren wir ein reichhaltiges Nahrungsmittelangebot wie es nur viele kleine und mittelgrosse Betriebe in ihrer regionalen Umgebung und Traditionsverbundenheit zu erzeugen vermgen. Wohin der freie Wettbewerb fhrt, sehen wir heute schon am jmmerlichen Angebot der Obstsorten (pfel und Birnen). hnlich ist es bei den Kartoffeln. Die Reichhaltigkeit und damit das Besondere verschwindet. Auch die frher kstlich schmackhafte Tomate wurde durch den freien Wettbewerb mit Gewalt vom Markt verdrngt. Die neue Einheitssorte der Hors-Sol-Tomate des liberalistischen Freimarktes schmeckt wie Gras. Allein diese wenigen Beispiele lassen den Niedergang des buerlichen Angebotes erkennen. Andererseits befrchtet Herr Blocher die Fiktion einer staatlichen Broterzeugung vor Augen der staatliche Interventionismus knnte ein armseliges Brotsortiment herbeifhren. Die bereits real existierende Verarmseligung des einheimischen lndlichen Marktes sieht er nicht. Er gestattet dem Bauern seine freie Existenz nur noch zum Schutz des Landes vor Vergandung und dezentralen Besiedelung. Warum gerade nur diese zwei Bereiche? Weil es dabei nichts zu verkaufen gibt, schreibt Blocher. Wo es nichts zu verkaufen gibt, da gibt es auch nichts zu verdienen, so die einfache Gleichung. Fr die einen zhlt nur noch der Profit. Das Kapital will offenbar die ganze Welt fressen. Die fnf grssten Getreidehndler der Welt beherrschen etwa 77 % des Weltgetreidemarktes, die drei grssten Unternehmen, die mit Bananen handeln, beherrschen schon rund 80 % des Weltbananenhandels, die drei grssten Teehandelsunternehmen beherrschen etwa 85 % des Teehandels, und die vier grssten Tabakunternehmen teilen sich etwa 87 % des Welttabakhandels (Conrad C. Stein, Die geheime Weltmacht, S. 235).
Die ersten neun transnationalen Telekommunikationsunternehmen kontrollieren 89 % ihres Marktes (ebd. S. 236). Danach sehnt sich der Schweizer Grossindustrielle von Ems vermutlich auch, da er doch verlangt, dass der Swisscom-Bundesanteil rasch verussert werden msse, andernfalls wird das Telefonieren teurer. Das kann doch kaum seine Sorge sein. Und auch nicht die unsere, oder wer von uns kme deswegen in eine Notlage? Der Liberalisierung haben wir zwar eine vorbergehende Verbilligung zu verdanken, doch sobald der Markt durch den freien Wettbewerb in den Hnden von wenigen ist, spielt die private Konkurrenz nicht mehr und die Preise beginnen des Profits wegen wieder zu steigen. Zuvor werden aber noch Abertausende von Arbeitspltzen vernichtet. Fr die damit einhergehenden Sozialkosten soll dann offenbar, wie heute blich, der Staat, also das Volk als Ganzes aufkommen. Das Geschwtz vom Staatsbetrieb der die private Konkurrenz behindere, verstummt dann pltzlich. Der Staat, sprich das Bundesgeld, ist dann wieder sehr begehrt. Gleichzeitig steigen am freien Markt die Aktienkurse und der schlaue Spekulant schleicht sich, die Hnde reibend, davon.
Der Bericht erschreckt auch durch die Forderung: die staatliche, halbstaatliche und kartellisierte Stromwirtschaft muss aufgebrochen werden. Damit stellt sich Blocher gegen Entscheide seiner eignen Partei, die sich z.B. in Schaffhausen erfolgreich gegen die Stromprivatisierung zur Wehr gesetzt hat (Schaffhauser Nachrichten 14.8.01). Der grosse Rat des Kantons Schaffhausen hat am 18. August 2001 der Motion von Markus Mller (SVP) mit berwltigender Mehrheit (53:12) zugestimmt. Die Kompetenz fr den Kauf oder Tausch von Aktien des Elektrizittswerkes Schaffhausen (EKS) ging von der Kantonsregierung wieder zurck an den Grossen Rat und ist damit nher beim Brger. Damit konnte vorerst dem Ausverkauf des EKS ein Riegel vorgeschoben werden. Bei der Privatisierung werden staatliche, kantonale oder in Gemeindebesitz befindliche Betriebe (Elektrizitt, Wasser, Post, Telekommunikation) in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Aktienmehrheit bleibt zur Beruhigung der Bevlkerung vorerst in ffentlicher Hand. Doch das ndert sich nachher bald, da man als Aktiengesellschaft vom freien Handel der Aktien profitieren mchte. Betriebe, die mit Steuergeldern und mit Untersttzung der ansssigen Bevlkerung aufgebaut wurden, werden durch die Privatisierung der Spekulation preisgegeben. Auch im Kanton Zrich, in Blochers Wohnkanton, wurde in der kantonalen Volksabstimmung vom 10. Juni 2001 die Privatisierung des kantonalen Elektrizittsmarktes (EKZ) abgelehnt. Der Mann, den die Medien sonst gern als Volkstribun bezeichnen, wird pltzlich zum kapitalen Hecht im Karpfenteich.
Arm an Rohstoffen bauten unsere Vorfahren eine existenz- und zukunftssichernde Infrastruktur von hoher Qualitt auf. Dies zeugt vom Willen zur Unabhngigkeit vom Ausland und den Mchtigen dieser Welt. Das wachsende Interesse des Grosskapitals an den bis anhin marktwirtschaftlich brachliegenden Geschftsfeldern der Energie- und Wasserversorgung, des ffentlichen Verkehrs, des Bildungs- und Gesundheitswesens usw. macht hellhrig. Globale Akteure greifen nur auf, was rentiert oder Globalisierungsprozesse beschleunigt. Also muss das Interesse des Grosskapitals an der Grundversorgung gewinnmotivierend sein und als direkter Angriff auf den Nationalstaat, das Gemeinwohl und die Menschlichkeit interpretiert werden. Die Grundversorgung ist eine Sttze des Nationalstaates und soll daher [vom Grosskapital] dem Staat entzogen und den neoliberalen Krften zugeschoben werden. (Zeit-Fragen 28.8.01, S. 3).
Der ungezgelte freie Wettbewerb fhrt in letzter Konsequenz zur Globalisierung aller menschlichen Bedrfnisse. Dieser weltweite Konzentrationsprozess nimmt rapide zu, und zwar
l | konomisch auf Kosten eines funktionierenden Marktes und der Produktevielfalt, |
l | politisch auf Kosten der Demokratie und der nationalen Souvernitt, |
l | kologisch auf Kosten unserer Biosphre und |
l | zivilisatorisch auf Kosten einer ber Jahrtausende hinweg entwickelten Kulturvielfalt (Stein, ebd. S. 236). |
Blocher hat sich mit seiner Forderung, die im Brgerbesitz befindlichen Betriebe zu privatisieren, das heisst, dem Monopolkapital und dem internationalen Spekulanten- und Ausbeutertum zu berlassen, selbst demaskiert. Schaut nur hin, wie er jetzt nackt herumluft und sich vor den einfachen Brgern verstecken muss.