Nicht im Interesse seines Volkes
Der Chef der Eidgenssischen Militrbibliothek, Dr. phil. Jrg Stssi-Lauterburg, ist ein geachteter Historiker, dem die Presse fr seine anspruchsvollen Beitrge gerne Platz einrumt. Ein interessanter Beitrag mit dem Titel Die Schweiz zwischen Sein und Nichtsein war in der Schweizerzeit vom 19. Dezember 2003 zu lesen. Stssi findet darin bemerkenswerte Worte, etwa indem er der Frage nachgeht, welchen Respekt Feinde einem schwachen Gegner zollen sollen. Er schreibt von der Klage ber den ruberischen Charakter vlkerrechtswidriger Konfiskationen aller privaten Bndner Vermgen durch Bonaparte, was die Regierungen einschchterte, sowie vom bermass an Konzessionen gegenber einem skrupellosen Feind und der berzeugung, verraten worden zu sein. Doch wie hielt es Jrg Stssi selbst damit, als er vermutlich das einzige Mal in seinem Leben mit der Wirklichkeit konfrontiert war?
Als im Nouveau Quotidien vom 9. Mai 1995 einer Mitteilung von Altbundesrtin Ruth Dreifuss zufolge zu lesen war, dass der Bundesrat wusste, dass die Juden vernichtet wurden, ersuchte Ernst Indlekofer, verantwortlicher Redaktor der Zeitschrift , den damaligen Bundesprsidenten Kaspar Villiger, ihm einen Beweis fr das Wissen des Bundesrates vorzulegen. Andernfalls msse dieser nicht akzeptable Vorwurf an die Adresse der Schweiz in den grossen Tageszeitungen des Landes widerrufen werden. Indlekofer erhielt zunchst Antwort von Dr. Jrg Stssi, in welcher dieser zweimal das Wort Judenverfolgung verwendete, aber dem Ersuchen um eine Beweislieferung auswich. Briefpapier und Briefkopf entsprachen zudem nicht der blichen Form, weshalb sich Indlekofer erneut an Bundesrat Villiger wandte.1 In seiner Antwort vom 6. September 1995 bekrftigte Villiger die Antwort Stssis und nannte sie einen unwiderleglichen Beweis. Mit Beweis war die Leistung der Militrbibliothek bei der Suche nach der Wahrheit gemeint! Auch Kaspar Villiger hatte ausschliesslich das Wort Judenverfolgung verwendet, obwohl die Frage unmissverstndlich der Judenvernichtung galt.
Indlekofer wurde wenig spter wegen seines Berichtes in , diesen Briefwechsel betreffend, in welchem er fr die Ohren gewisser Leute missliebige Worte verwendete, denen Leugnung der planmssigen Vernichtung der Juden unterstellt wurde, und wegen hnlichem mehr, angeklagt und im Sinne des Antirassismusstrafgesetzes (Art. 261bis StGB. Abs. 4) zu drei Monaten Gefngnis bedingt verurteilt.
Aus einem unserer Redaktion zugegangenen Offenen Brief2 geht sinngemss hervor, dass der Schweizer Bundesrat von einer Judenvernichtung in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern nichts gewusst haben konnte:
Der damalige einflussreiche US-Kongressabgeordnete Hamilton Fish stellte die Frage: Hat die US-Regierung gelogen, als sie 1944 auf Anfrage erklrte, sie knne die von der New York Times behaupteten millionenfachen Gaskammermorde an Juden nicht besttigen? (Quelle: Hamilton Fish, Der zerbrochene Mythos, F. D. Roosevelts Kriegspolitik 1933 1945, Grabert-Verlag, 1982, S. 233). Zu dieser Zeit befanden sich die USA an der Seite von Grossbritannien, der Sowjetunion und Frankreichs im Krieg mit Deutschland. Das spricht dafr, dass die US-Regierung tatschlich keine Erkenntnisse ber Vernichtungsaktionen hatte, denn warum htte sie die Kriegsgegner durch Zurckhaltung derartiger Informationen schonen sollen?
Trifft es schliesslich zu, dass Anfang 1943 Abgeordnete im US-Kongress eine Resolution zur Verurteilung der Ttung von Millionen von Juden in polnischen Gaskammern einbrachten und das US-Aussenministerium dazu erklrte, dass es von diesen Grausamkeiten nichts wisse? (a. a. O., S. 233)
Genauer: Wie ist die Tatsache zu beurteilen, dass es in einem Prsident F. D. Roosevelt im Januar 1944 vorgelegten geheimen Memorandum, betitelt: Die Duldsamkeit dieser Regierung gegenber dem Mord an den Juden auf Seite 34 heisst: Der Abgeordnete Hamilton Fish jr. von New York erkundigte sich telefonisch beim State Department, welche Berichte dort vorlgen. Durch einen Artikel der New York Times des Journalisten Pierre van Paasen ber tgliche Morde an Juden wurde er dazu angeregt. Der Sachreferent fr Jdische Fragen im Aussenministerium, Mr. Reams, erwiderte, dass man dort den Artikel prfe, dass aber bisher derartige Berichte nicht besttigt werden konnten.? (a. a. O., S. 235)
Dieser Sachverhalt schliesst die Mglichkeit aus, dass der Schweizer Bundesrat etwas gewusst haben konnte, wo selbst die US-Regierung ahnungslos war. Auch die renommierten Schweizer Historiker J. R. von Salis und E. Bonjour besttigten, erst nach dem Krieg von der Judenvernichtung erfahren zu haben (Mitteilung vom 5.7.1988 bzw. 20.9.1988 an Arthur Vogt3, Erlenbach ZH, 30.10.2003). Altbundesrat Kaspar Villiger hatte sich 1995 namens der Schweiz gegenber dem Jdischen Weltkongress (WJC) offiziell fr die Schweizer Flchtlingspolitik entschuldigt. Und dies im Wissen darum, dass praktisch alle Lnder die Aufnahme von Juden abgelehnt, die Schweiz aber von Krieg fhrenden Staaten umringt mindestens 2300004 Flchtlinge aufgenommen hatte. Mit seiner Entschuldigung hatte Villiger den Weg fr die Hetzkampagne gegen die Schweiz und Erpressung der Schweizer Banken durch den Jdischen Welt Kongress (WJC) freigegeben. Spanien hatte wenig spter Forderungen des WJC zurckgewiesen! Villiger aber wird in die Geschichte eingehen als ein Bundesrat, welcher den Juden gefllig war, jedoch nicht im Interesse seines Volkes gehandelt hat. Am 29. Oktober 2003 erhielt er den jdischen Nanny-und-Erich-Fischhofpreis. (Tachles Nr. 36, September 2003)
Die Antwort auf oben gestellte Frage betr. Jrg Stssi lautet: Er hat klglich versagt!
Fussnoten
1 Briefe faksimiliert in Nr. 45, Oktober 1995.
2 Brief des deutschen Rechtsanwalts Horst Mahler vom 27. Januar 2000 an Daniel Jonah Goldhagen, Autor des Buches Hitlers willige Vollstrecker.
3 Briefe faksimiliert in , siehe Fussnote 1.
4 Luzi Stamm, Der Kniefall der Schweiz, Zofinger Tagblatt AG, Baden 1998, S. 110.