Globalisierung

Die transkontinentale Tyrannei

Jean Ziegler lsst uns in seinem Buch Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher folgendes wissen:

Pascal Lamy, der Handelskommissar der EU, verhandelt offiziell im Namen der 15 EU-Mitgliedsstaaten, die ihre Position vorher festgelegt haben. Aber diese Mitgliedsstaaten bestimmen nicht frei ber ihr Verhandlungsmandat. Die Unterlagen werden vielmehr von einer ziemlich geheimnisvollen Instanz vorbereitet, dem Ausschuss 133, der im Wesentlichen aus hochrangigen Beamten aus den Mitgliedsstaaten besteht. In diesem Ausschuss 133, dessen Zusammensetzung variiert, haben sich die Beauftragten der transkontinentalen Gesellschaften eingenistet. Der Ausschuss unterliegt keinerlei Kontrolle. Da er sich auf seinen rein technischen Charakter beruft, ist jede Frage nach der Motivation seiner Mitglieder von vorneherein ausgeschlossen. Benannt ist der Ausschuss nach Artikel 133 des Vertrags von Amsterdam, der die Zustndigkeiten der Mitgliedsstaaten der EU bei Verhandlungen ber Handelsfragen regelt. Somit werden Strategie und Politik der EU vom Ausschuss 133 festgelegt, der in den Statuten und Vertrgen der EU gar nicht vorkommt. Was den Ausschuss nicht daran hindert, die Interessen und Gesichtspunkte der wichtigsten transnationalen Gesellschaften und Finanzgruppen Europas vor jeder neuen Verhandlungsrunde unter einen Hut zu bringen. Die Realitt sieht laut Ziegler demnach so aus, dass in Wirklichkeit die 200 mchtigsten transkontinentalen Gesellschaften unseres Globus, die zusammen ber 25% des Weltsozialprodukts kontrollieren, den Ton angeben. Aus diesem Grund, so fhrt er weiter, dominiert in den Verhandlungen der WTO immer die Rationalitt der transkontinentalen Privatgesellschaften, niemals das Interesse der Vlker und ihrer jeweiligen Staaten.

Es wre aufschlussreich zu erfahren, inwieweit die Abgeordneten der EU-Staaten ber diese als vollkommen undemokratisch zu bezeichnende Einrichtung berhaupt Bescheid wissen. Vor diesem EU-Moloch mssen wir die Schweiz retten, das ist klar! Warum hrt man von langjhrigen Parlamentariern nur vereinzelte und zumeist vollkommen wirkungslos bleibende Stimmen? Knnen wir aus den Reihen der neu gewhlten Nationalrte jetzt mehr erwarten? Um dieser Frage nachzugehen haben wir in der Ausgabe 10-11/2003 einen Aufruf an das neu gewhlte Parlament gebracht und diesen Beitrag als Sonderausgabe allen Parlamentariern und Bundesrten persnlich zugestellt. Wir haben sie dazu aufgerufen, unsere Vertrge mit WTO, IWF und Weltbank zu kndigen.1 Unseren Aufruf begrndeten wir wie folgt: Diese Organisationen sind Werkzeuge der US-Hochfinanz. Sie zerstren unsere Zivilgesellschaften und strzen uns in die Armut einer globalisierten Diktatur. Um den Gedanken, diese Behauptung sei an den Haaren herbeigezogen, von vorneherein auszuschliessen, etwa mit dem Hinweis, es gbe keine sachlichen Beweise dafr, brachten wir Auszge aus dem Buch Global Brutal Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg von Michel Chossudovsky.

Auf der Buchhlle lesen wir folgendes ber diesen Autor: Michel Chossudovsky, einer der intellektuellen Aktivisten der Bewegung von Seattle und Genua, macht in diesem Buch eine entschiedene Gegenrechnung zu den Glcksverheissungen einer rein marktrationalen Globalisierung auf. Er hat sich in Somalia ebenso umgesehen wie in Ruanda, die Verhltnisse in Indien und Vietnam studiert, sich mit Lateinamerika, der Russischen Fderation und den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens befasst und kommt in seinen Beispielen aus allen Teilen der Welt immer zu demselben Schluss:

Die weltweite Handelsfreiheit fhrt mitnichten zur besten aller Welten, sondern zu Unsicherheit, Armut und Krieg. Die vom Westen beherrschten internationalen Grossbanken verdienen an instabilen Finanzmrkten. Die internationalen Konzerne, unter dem Druck der von ihnen selbstverschuldeten berproduktion, setzen auf die Ausweitung der Mrkte in den Entwicklungslndern was nur geht, wenn sie deren produktive Basis zerstren. Diese Lnder hngen immer mehr an der kurzen Leine von Weltbank, IWF und WTO, werden rekolonialisiert, also zu offenen konomischen Territorien ohne eigene Regelungskompetenz und ohne Vetomglichkeiten gemacht.

Die Allianz der Reichen forciert die Globalisierung der Armut, der Umweltzerstrung, der sozialen Apartheid, des Rassismus und der ethnischen Zwietracht. Nach der ra des Kalten Krieges drohen grosse Teile der Weltbevlkerung jetzt in eine Weltwirtschaftskrise wie in den 30er Jahren abzurutschen. Ganze Volkswirtschaften drohen zusammenzubrechen, ganze Zivilgesellschaften zerstrt zu werden, Arbeitslosigkeit und Elend nehmen berhand.

Diese Zustnde, eine schleichende Entwicklung, die vor neunzig Jahren merkbar eingesetzt hat, haben in ihren schlimmsten Auswirkungen gerade erst begonnen. Wer sich nicht darum kmmert, der drfte sich bald nur noch wundern. Auf unseren Aufruf hat kein Parlamentarier und keine Parlamentarierin reagiert. Offenbar wnschen sie sich alle die Versklavung der Vlker und den Untergang der Freiheit.


Fussnote

1 In der Ausgabe Januar 2003 haben wir bereits einmal zur Kndigung des Vertrages mit der WTO und zur Strkung des inlndischen Unternehmertums aufgerufen. Lesen Sie unseren Beitrag: Couchepin dirigiert die FDP Schweiz.