Verarmung der geistigen Schweiz

Conrad Ferdinand Meyer unbekannt!

Von J. J. Kariger, Limpertsberg/Luxbg.*

Neulich fuhr mir ein gelinder Schreck durch die Glieder, der mich noch nicht ganz verlassen hat. Ich fragte bei meinem Buchhndler, brigens ein Mann, der vollkommen auf der Hhe seines Berufs ist, nach den gesammelten Werken des Schweizer Novellisten und Dichters Conrad Ferdinand Meyer. Nach zwei Tagen vergeblichen Suchens im Internet (er selber kannte bis dahin den Namen auch nicht), meldete er mir mit enttuschtem Gesicht, er habe, ausser einer kurzen biographischen Notiz aus der Schweiz, von Verffentlichungen gar nichts gefunden. Anfangs wollte ich ihm das nicht glauben; jenes herrliche Talent begleitete mich seit Schultagen durchs Leben; viele seiner auf Goethescher Hhe stehenden Novellen und Novelletten las ich immer wieder und seine Lyrik galt mir als deutsches Vorbild berhaupt. Wie war das mglich? Ich whnte ihn in mehr als einer Reihe gepflegter deutschsprachiger Klassiker und nun schien er wie von einem bsen Geist aus dem Repertoire der Unsterblichen einfach gestrichen?

Welche Geister entscheiden ber ein solches Fortleben? Sind es etwa dieselben, die in Stockholm der belsten Pornographie, den Holocaustphantasten oder den farbig-rassistischen Romanschreibern die hchsten Preise nachschleudern? Ich selber weiss von diesen schmerzlich bestrzenden Verhltnissen manches leidvolle Lied zu singen. ber dem Europa der Korruption und der Sodomiten steht auch knstlerisch-literarisch kein guter Stern. Vielleicht kann dieser oder jener Leser mich ber das Vorgebrachte weiter aufklren? Ich wre ihm sehr dankbar.


* Schriftsteller: J. J. Kariger, Nic. Ries-Strasse 35a, L2428 Limpertsberg (Luxemburg).