Die Schweiz in Verlegenheit*
Von G.-A. Amaudruz, Lausanne
Wir setzen Schweiz in Anfhrungszeichen, um anzuzeigen, dass die aktuellen Inhaber der Macht gemeint sind, und nicht die anstndigen Leute, die nichts dafrknnen.
Erster Grund der Schwierigkeiten ist Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs (StGB) gegen Rassendiskriminierung. Im letzten Moment hatte das Parlament den Artikel heimlich mit einer Verfgung erweitert, welche auf jene abzielt, die EINEN Vlkermord leugnen, ein Delikt, das nichts mit dem eigentlichen Zweck des Gesetzes, der Rassendiskriminierung, zu tun hat. Der nicht eingestandene Zweck war natrlich, jedermann zum Schweigen zu bringen, der nicht an die Shoa glaubt (Shoa = Vlkermord an den Juden durch die Deutschen). Der Gesetzgeber hat daher geschrieben EINEN1 Vlkermord. Dem Vlkermord an den Juden wurden bevorzugte Rechte, und solchen Leichen wertmssige Vorteile zugestanden. Eine Unmglichkeit, sogar fr die geflligsten Juristen.
Nun kommen die Unannehmlichkeiten: Als der trkische Politiker Perinek in der Schweiz war, bestritt er den Vlkermord an den Armeniern, welche darber emprt waren und den Negationisten verzeigten. Die trkische Regierung war verrgert. Das Bundesgericht in Lausanne verurteilte Perinek, welcher Rekurs angekndigt und falls ntig bis Strassburg gehen will. Auch fordert er seine Landsleute auf, in die Schweiz zu kommen und den Vlkermord an den Armeniern zu bestreiten.
Zu beachten ist, dass Art. 261bis StGB, welcher das Leugnen EINES Vlkermords unter Strafe stellt, nicht einmal definiert, was Vlkermord ist! Wie soll zwischen einem Massaker und einem Vlkermord unterschieden werden? Und vor allem, wie soll dies gelingen ohne Washington zu verstimmen, wenn sich Vlkermord auf Hiroshima und Nagasaki anwenden lsst? Ist es besser, in einem Massaker als in einem Vlkermord umzukommen? Ab welcher Anzahl von Toten ist es ein Vlkermord? Falls der Vlkermord vorstzlich geschah; wie ist der Vorsatz aufzudecken?
Die Trken sind nicht dumm, sie wissen, dass wenn es Vlkermord war, sie Milliarden bezahlen mssen, wie Deutschland zur Zeit Adenauers an Israel [und bis heute, d. Red.]. Sie geben vielleicht das Massaker zu, da ja Krieg gewesen ist. Krieg, den man oft nicht mehr unter Kontrolle hat.
Unsere Landesregierung befindet sich vor einem Dilemma: Entweder hlt man an der Verurteilung Perineks fest und sabotiert damit die guten Geschfte mit der Trkei; oder man spricht ihn frei und bringt damit das Dogma des Holocaust ins Wanken, da man ja die Revision des Vlkermords zulsst.
An diesem Punkt muss man wissen, dass die Gerichte sich nicht an den Wortlaut des Artikels 261bis StGB halten. Sie verurteilen nicht nur diejenigen, die den Vlkermord an den Juden leugnen, sondern auch jene, die ihn anzweifeln [d.h. nicht glauben, d. Red.]. Der Autor dieses Beitrages hat zweimal drei Monate abgesessen, weil er die Existenz von Menschengaskammern in Zweifel gezogen hat (nicht aber den Vlkermord als solchen). Das ist wegen einer willkrlichen Auslegung des Gummi-Strafartikels durch den Richter mglich geworden. Im Urteil Paschoud gegen Stamm vom 17.2.95 (und erst spter verffentlicht) hiess es, dass angesichts zahlreicher Beweise jedes Zweifeln gleichbedeutend mit Leugnen sei! Wenn man aber den Zweifel zulsst, und somit auch die Diskussion, bricht die gesamte Holocaust-Industrie zusammen, die Norman Finkelstein beschrieben hat.
Anders gesagt: Um die Shoa aufrechtzuerhalten, muss Perinek verurteilt werden. Aber man muss ihn freisprechen, wenn man die guten Geschfte mit der Trkei fortfhren will.
Hier entsteht ein eigenartiger Streit zwischen dem Zionismus und der Diaspora. Das israelische Parlament hat die Qualitt des Vlkermords bei den trkischen Massakern von 1915 zurckgewiesen, vielleicht aufgrund der politischen Zusammenarbeit mit Ankara, vielleicht auch um die Einzigartigkeit des Holocaust zu bewahren. Dagegen vertrat der Rechtsanwalt Nordmann (!) die Armenier im Lausanner Prozess. Anscheinend erachtet die Diaspora, dass ein Vlkermord den andern sichert. Whrend Israel selbst an Territorium denkt und militrische Perspektiven erwgt.
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Dieser Streit scheint mit einem anderen verbunden zu sein, nmlich zwischen der Diaspora Schweiz und dem Jdischen Weltkongress. Israel Singer, der krzlich die Schweizer Neutralitt als kriminell bezeichnete, hat die Machtprobe gegen den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund in einer Geldfrage verloren. Edgar Bronfman hat soeben Singer abgesetzt, weil er in die Kasse gegriffen hat [siehe Kasten: Korrupt und unehrlich]. Dies hnelt den Spannungen zwischen der franzsischen Diaspora und Sharon, welcher eine Immigration franzsischer Juden forderte
Weil Perinek Bern in Verlegenheit bringt, erheben sich immer mehr Stimmen, die eine Gesetzesnderung oder gar die Ausserkraftsetzung des Maulkorbgesetzes verlangen. Diese Auswirkungen haben innerhalb des Parlamentes noch zu keiner Mehrheit gefhrt, aber die Zuflucht nach einer Volksinitiative (100000 Unterschriften) bleibt mglich. Es hat lange gedauert 12 Jahre mit dem Verlust von Macht und Ansehen der USA, dem israelischen Misserfolg im Libanon und endlich der revisionistischen Konferenz in Teheran im Dezember 2007, um ein neues Krfteverhltnis aufzurichten. Nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit.
Was unseren Bundesrat Christoph Blocher angeht, brachte er von einer Reise in die Trkei zurckkommend seine Vorbehalte zum Artikel 261bis StGB an (der ihm Bauchweh verursacht), ein Hindernis zu guten Beziehungen mit einem Beitrittskandidat der Europischen Union. Blocher hatte 1994 die Ja-Parole zum Antirassismusgesetz gegeben. Spter hat er seinen Fehler erkannt. Seine Parole folgte einer Unterhaltung mit dem damaligen Ehrenprsidenten der Israelitischen Cultusgemeinde Zrich, Sigi Feigel, der durch unbekannte Argumente die Untersttzung Blochers gewonnen hatte. Fehler erkannt! Nun aber, wenn man einen Fehler gemacht hat, korrigiert man ihn. Ob Blocher diese Freiheit hat?
Fussnoten
* Aus Courrier du Continent, Mai 2007, C.P. 5694, 1002 Lausanne. bersetzt: Presseclub Schweiz.
1 Das deutschsprachige StGB verwendet den unbestimmten Artikel nicht.