ARG abschaffen, ein bses Spiel

Im Wochenmagazin tachles hat das Brandmarken dessen, was der jdischen Gemeinde in der Schweiz nicht gefllt, einen Ehrenplatz. In der Ausgabe vom 1. Juni 2007 nahm es der Zrcher SP-Kantonsrat (neu: Nationalrat) Daniel Jositsch mit der Wahrheit nicht besonders genau.

Wegen der von alt Bundesrat Blocher erwogenen Anpassung des Antirassismusgesetzes nach seiner Trkei-Reise im Herbst 2006 schrieb Jositsch: Dass die Antirassismusbestimmung Bundesrat Blocher nicht behagt, ist bekannt, und der SVP sei dieses Gesetz seit jeher ein Dorn im Auge, und der Kampf gegen die Bestimmung zum Schutz vor Rassendiskriminierung hat dabei im Rahmen des SVP-Wahlkampfes erste Prioritt. Anpassungen an der Antirassismus-Strafnorm vorzunehmen sei ein bses Spiel, so Jositsch.

Ein Gesetz anpassen (oder abschaffen), das als nderungsbedrftig (oder berholt) angesehen wird, ist eine Angelegenheit, wie sie in der Schweiz Hunderte wenn nicht gar Tausende Male pro Jahr stattfindet. Auf manch neues Gesetz hat gerade die jdische Gemeinde der Schweiz besonderen Wert gelegt. Zur Durchsetzung des bsen ARG stand sie an vorderster Front. Auch fr die Annahme der bsen Personenfreizgigkeit rhrten ihre Leute die Werbetrommel und machten eifrig Strassenpropaganda. Doch bei ihrem eigenen Tun sieht sie nie etwas Bses. Hat Jositsch schon vergessen, dass Blocher kurz vor der Abstimmung zum ARG von einem berzeugten Nein- zum Ja-Sager umgeschwenkt ist? Hat er vergessen, dass die Delegierten der SVP Schweiz mit 221 zu 43 Stimmen fr das Antirassismusgesetz gestimmt haben? Und vor den Wahlen der SVP Prioritt zur Abschaffung des ARG zu unterstellen, kann nur eine Falschmeldung sein. Bekanntlich waren es die Schweizer Demokraten, die mit ihrer Volksinitiative zur Abschaffung des ARG Wahlpropaganda machten und dennoch bei den Wahlen scheiterten. (Die SD haben der SVP die Fhrung bei der Abschaffung des ARG entrissen und bleiben seither fast unttig. Die Abstimmpropaganda werden sie nicht bezahlen knnen.)

Jositsch bestreitet die bermssige Einschrnkung der Meinungsusserungsfreiheit, er behauptet rassistische usserungen stellten tiefgreifende Verletzungen dar und eingeschrnkt werde einzig die Mglichkeit, andere in rassistischer Form in ihrer Menschenwrde zu verletzen, und die Gerichte htten die Gesetze zurckhaltend und mit Augenmass angewendet. Jositsch weiss offenbar nicht, von was er spricht. So wurde beispielsweise in einem Verfahren die Formulierung Gaskammer- und Umerziehungsgeist von den Richtern erster und zweiter Instanz in bersteigertem Verurteilungseifer als grbliche Verharmlosung des Vlkermordes (!) bezeichnet und der Angeklagte verurteilt. Erst das Bundesgericht widersprach. Seit Inkrafttreten des ARG ist eine seit der Inquisition nicht mehr bekannte Willkr neu auferstanden. Revisionisten werden regelmssig verurteilt, wenngleich nicht einzusehen ist, was eine technisch-naturwissenschaftliche Analyse der Gaskammern oder der Verbrennungskapazitt der Krematorien mit Rassismus zu tun hat. Warum solche Untersuchungen eine tiefgreifende Verletzung der Juden seien, ist unerfindlich, andernfalls kein Mordfall kriminalistisch aufgeklrt werden drfte, da immer jemand verletzt wird.

Das Antirassismusgesetz ist umgekehrt seinerseits diskriminierend. Bevor es dieses gab, riskierte kein Sachverstndigengutachter oder Verteidiger, dass ihm selbst mit Anklage gedroht wurde, wie im Fall Jrgen Graf. Graf wurde damit sein gesetzliches Recht auf wirksame Verteidigung entzogen. Wie kommt eine Minderheit dazu, der Mehrheit vorzuschreiben, was sie zu lassen hat, wie es beim ARG zutrifft?

Die Bestimmtheit des ARG (Art. 36 Abs. 1 BV) wird in der Strafrechtswissenschaft auf breiter Front bezweifelt. Die Tatbestandsumschreibungen und einige Rechtsbegriffe seien ungewhnlich vage und gengten der traditionell rechtsstaatlichen Formenstrenge des Strafrechts kaum (Karl-Ludwig Kunz).

In einem vorzglichen Positionspapier vom Nov. 2006 fordert die SVP unter Ziff. 6.3. Die Rassismus-Konvention ist zu kndigen:

Erst nach langem Zgern haben die Vereinigten Staaten von Amerika die Rassismus-Konvention unterzeichnet. Sie haben allerdings verschiedene Vorbehalte angebracht:

So anerkennt Amerika den UNO-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD) nicht. Die Schweiz hat sich vor wenigen Jahren vllig unntig diesem Ausschuss unterstellt. Weiter akzeptieren die Amerikaner keine Einschrnkung ihrer verfassungsmssig garantierten Meinungs- und Meinungsusserungsfreiheit: Verfassung und Gesetze der Vereinigten Staaten

gewhrleisten umfassenden Schutz fr individuelle Redefreiheit, Meinungsusserung und Versammlungsfreiheit. Demzufolge akzeptieren die Vereinigten Staaten keine Verpflichtung dieser Konvention, besonders unter Art. 4 und 7, um diese Rechte durch Gesetzesanpassung oder andere Massnahmen einzuschrnken, sofern diese durch Verfassung und Gesetz der Vereinigten Staaten geschtzt sind.*

Wrde die Schweiz ebenfalls entsprechende Vorbehalte anbringen, stellten sich zahlreiche Probleme nicht. Aus diesem Grund ist die Rassismus-Konvention zu kndigen. Beurteilt die Schweiz eine Mitgliedschaft als unerlsslich, darf die Konvention nur unter Anbringung der genannten Vorbehalte wieder unterzeichnet werden. Daher: Weg mit dem ARG!


*  establish extensive protections of individual freedom of speech, expression and association. Accordingly, the United States does not accept any obligation under this Convention, in particular under articles 4 and 7, to restrict those rights, through the adoption of legislation or any other measures, to the extent that they are protected by the Constitution and laws of the United States.