![]() |
Gegrndet 1995 | Presseclub Schweiz, Postfach, | Nr. 7+8 August 2008 |
![]() | ![]() | ![]() |
Vae Victis (Wehe den Besiegten)
Das erzwungene Schandurteil gegen Erich Priebke
|
Erich Priebke, 1913 unweit von Berlin geboren, entstammt einer preussischen Familie. Schon als Vierzehnjhriger begann er im Hotelwesen zu arbeiten. Mit zwanzig begab er sich nach Italien, wo er alsbald in einem Hotel eine Anstellung fand. Anschliessend arbeitete er im Grillroom des Hotels Savoy in London, ehe er an Weihnachten 1935 in seine Heimat zurckkehrte. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland hatte sich gebessert und er hoffte mit den guten Kenntnissen zweier Fremdsprachen auf eine gute Anstellung. Im Frhjahr 1937 bentige man einen Italienisch-Dolmetscher fr die Abteilung Fremde Polizeien, die fr die Beziehungen mit den Polizeien auslndischer Staaten zustndig war. Priebke kam zur Polizei und das Unglck, das sechzig Jahre spter ber ihn hereinbrechen sollte, nahm seinen Lauf. Am 26. Juni 1936 hatte Heinrich Himmler nmlich ein Dekret erlassen, das faktisch die Integrierung der Deutschen Polizei in die SS vorsah. Sein Eintritt Ende September 1937 zur Auslandpolizei machte ihn damit zum SS-Angehrigen. Die SS bestand aus sieben Abteilungen, darunter die GESTAPO. Priebke war dem Amt IV (Erforschung und Bekmpfung der Gegner) zugeteilt. Er unternahm mehrere Dienstreisen zur Begleitung auslndischer Funktionre und absolvierte zu jener Zeit Ausbildungskurse in Kriminalistik und Gerichtsmedizin. Gegen Ende 1937 bekam er auf einer Dienstreise sein geliebtes Italien wieder zu sehen. Doch bald war er wieder in Berlin zurck. 1940 wurde er zum Oberleutnant befrdert und seine beruflichen Pflichten brachten ihn mit einer Junker 52 erneut nach Rom. Zu anderen Ttigkeiten wieder in Deutschland zurck wurde ihm vor Weihnachten 1940 seine Versetzung nach Rom angekndigt. Im Februar 1941 traf er mit seiner Familie in Rom ein. Er war jetzt Angehriger der deutschen Botschaft in Rom. Sein Chef war der um sechs Jahre ltere Herbert Kappler, der 1948 zu Lebenslnglich verurteilt werden sollte. Ende Oktober 1942 trat die achte britische Armee unter General Bernard Montgomery in Nordafrika zum Angriff an. Im November landete General Eisenhower in Nordafrika und besetzte Marokko sowie Algerien. Der Arbeitsrhythmus in Rom wurde immer hektischer. Nach dem Putsch gegen Mussolini und seiner Gefangennahme begannen sich die Dinge zu berstrzen. Knig Vittorio Emmanuele III und Pietro Badoglio sollten verhaftet werden. Am 26. Juli 1943 traf aus Berlin ein Rckrufbefehl fr smtliche Familienangehrige des deutschen Personals ein. Die Mnner blieben allein zurck. Am 19. Juli hatten die Anglo-Amerikaner zum erstenmal Rom bombardiert. 270 fliegende Festungen verwsteten das Viertel San Lorenzo. Dem Schreibenden ist nicht bekannt, wie viele Zivilisten gettet oder verletzt wurden. Am 14. August erfolgte ein zweiter, barbarischer Bombenangriff auf die zivile Stadt. Aufgrund der Richtlinien der Haager Konvention ber die Gebruche und Gesetze des Krieges erklrte die schockierte Badoglio-Regierung Rom zur Offenen Stadt. Das bedeutet, dass keine Kampfhandlungen mehr stattfinden durften, was auch von den deutschen Militrbehrden durch ein offizielles Abkommen anerkannt wurde. Dennoch setzten die Alliierten ihre Bombenangriffe fort. Am 13. Mrz 1944 erklrte auch das Oberkommando der XIV. deutschen Armee Rom zur Offenen Stadt und ein offizielles Dekret besttigte diesen Status.
Am 3. Sept. 1943 unterzeichnete die Badoglio-Regierung heimlich einen Waffenstillstand mit den Alliierten. So kam es, dass die deutschen Soldaten in Italien von Verbndeten zu Besatzern wurden. Man ging davon aus, dass die Drahtzieher des Staatsstreiches gegen Mussolini sich irgendwo in Rom verbargen. Kappler hoffte, ihnen auf die Spur zu kommen, was zur ersten operativen Aktion im Einsatz im polizeilichen Aussendienst Priebkes fhrte, dessen Abteilung sich auch mit Sabotagebekmpfung befasste. Die Bros der Sicherheitspolizei (Abt. IV) waren in einem Haus an der Via Tasso in Rom untergebracht.
Zu jener Zeit erwog man in Berlin die Mglichkeiten zur Endlsung der Judenfrage mit der Abschiebung der Juden nach Palstina. Schon 1933 schlug nmlich die jdische Agentur fr Palstina der Reichsregierung ein Abkommen ber die Umsiedlung (Haavara) der Juden nach Palstina vor. In diesem Abkommen waren finanzielle Erleichterungen fr die auswanderungswilligen Juden vorgesehen. Als vom Reichssicherheitshauptamt in Berlin Anfragen ber die Lage der rmischen Juden eintrafen, befrchtete man, dass sie in Arbeitslager gebracht werden sollten. Kappler lehnte jedoch eine antijdische Politik gegenber den Juden Roms ab. Seiner Meinung nach war es ein Fehler, sie zu verfolgen, sie hatten in Rom nie Schwierigkeiten bereitet. Auch hatten sie einen nicht unerheblichen Anteil an der faschistischen Machtbernahme Italiens.
Kappler stand in Verbindung mit dem Oberhaupt der jdischen Gemeinde Roms, Ugo Fo, sowie dem Vorsitzenden der Union der jdischen Gemeinden Italiens, Diego Almansi. Anfang Oktober 1943 musste man einsehen, dass alle Bemhungen Kapplers, die Deportation der Juden zu verhten, vergeblich waren. Schon wenig spter wurden rund tausend Juden festgenommen, eine grssere Zahl von diesen war wieder freigelassen worden. Kappler war nicht gewillt, Leute allein aufgrund ihrer Rasse festnehmen zu lassen; die Partisanenbekmpfung beanspruchte seine ganze Aufmerksamkeit. Das damit betraute Kommando zhlte etwa 75 Polizisten, davon rund 40 Berufspolizisten. Es bestand die Gefahr, dass in der Bevlkerung versteckte subversive Elemente jederzeit zur Waffe greifen konnten. Feldmarschall Kesselring liess deshalb Plakate anschlagen, durch welche die Bevlkerung auf die Regeln des Kriegsrechts hingewiesen wurde. Es umfasste zehn Punkte, darunter: Alle gegen die bewaffneten deutschen Streitkrfte verbten Verbrechen werden nach deutschem Kriegsrecht geahndet; Organisatoren von Streiks, Saboteure und Freischrler werden von einem Standgericht abgeurteilt und erschossen; ich bin entschlossen, mit allen Mitteln Ruhe und Disziplin aufrechtzuerhalten und die zustndigen italienischen Behrden zu untersttzen, damit sie die Ernhrung der Bevlkerung sicherstellen knnen.
Am 13. Oktober 1943 erklrte Badoglio in Brindisi, wohin er mit dem Knig geflchtet war, dem verbndeten Deutschland den Krieg. In einer Radiosendung forderte er smtliche Partisanen dazu auf, die Deutschen mit allen Mitteln, auch den heimtckischsten zu bekmpfen.
Am 9. November 1943 wurde Priebke zum Hauptmann befrdert. Bei seinem Kommando an der Via Tasso war er der jngste Offizier dieses Ranges. Seine Arbeitslast war drckend, weil er mit Kappler zusammen derjenige Offizier war, der die Italiener und ihre Sprache am besten kannte. Am 18. November 1943 fand in Rom der erste Attentatsversuch statt, anlsslich einer Versammlung der Armee der RSI, die von Benito Mussolini gegrndete Repubblica Sociale Italiana. Glcklicherweise explodierte der Sprengkrper nicht. Die Tter gehrten einer stalinistischen Gruppe des kommunistischen Widerstands an; etliche von ihnen wurden verhaftet. Kappler befrwortete jedoch keine hrteren Massnahmen gegen die Bevlkerung, denn er hegte starke Sympathien fr Italien, er wollte keine Verschlechterung in den Beziehungen zu den Italienern. Das italienische Innenministerium hatte jedoch Sondereinheiten zur Bekmpfung subversiver Elemente gebildet. Zahlreiche Kommunisten, darunter eine Spezialeinheit, die Menschen aus dem Hinterhalt abzuknallen pflegte, konnten festgenommen werden. In der zweiten Dezemberhlfte 1943 fanden in Rom gleichentags zwei Anschlge statt. Sieben Italiener, davon eine Frau, fanden den Tod. Auf eine Gruppe deutscher Soldaten wurde eine Handgranate geworfen, ein dreissigjhriger Deutscher starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Am Tag danach explodierte wieder ein Sprengsatz, eine Italienerin wurde verletzt.
Am 22. Januar 1944 standen die Alliierten fast schon vor den Toren Roms. Im selben Monat kam es vor dem Eingang des Hotels Savoia, wo Autos der Wehrmacht geparkt waren, zu einem Anschlag. Glcklicherweise ohne Todesopfer. Ende Januar detonierte eine Bombe bei der Eisenbahnstation der deutschen Armee unweit des Bahnhofs Termini. Zwei italienische Frauen fanden den Tod. In der Nacht zum 2. Februar drang die italienische Polizei in die Basilica von San Paolo ein, die der Souvernitt des Vatikans unterstand. Kappler hatte sich strikt geweigert, daran teilzunehmen. Der italienischen Polizei fielen vor allem Militrs, darunter ein hochrangiger General, in die Hnde. Ebenso eine kleine Gruppe von Juden. Irgendwo arbeitete jemand fieberhaft darauf hin, dass sich die Spirale des Terrors weiter zu drehen begann, und schon nach kurzem erfolgten wiederum Attentate. Zwei Soldaten der Guardia Nazionale Repubblicana (Republikanische Garde) wurden gettet und dann ein deutscher Soldat. Das Oberkommando ordnete als Vergeltung die Erschiessung von zehn Partisanen an, die in den Tagen zuvor festgenommen worden waren. Fnf Tage nach diesen Hinrichtungen wurde in der Via Tomacelli eine Bombe auf einen faschistischen Umzug geworfen. Dabei fand ein Soldat den Tod, und es gab mehrere Verwundete.
Um sich fr nach dem Krieg ein ehrendes Denkmal zu errichten, verbte die GAP (Gruppi die Azione Patriottica, Patriotische Aktionsgruppe) einen spektakulren Anschlag. Weil das Korporationsministerium in der Via Veneto gut bewacht war, entschieden sie sich, stattdessen auf eine Polizeieinheit zuzuschlagen, als diese zu Fuss durch die Via Rasella marschierte (es traf die 11. Kompanie des III. Bataillons Bozen, bestehend aus Sdtirolern, die sich nach 1943 fr Deutschland entschieden hatten). Die traurige Bilanz des Anschlags: 32 gettete Polizisten und 5 italienische Zivilisten, sowie 50 Schwerverletzte, darunter 20 italienische Zivilisten. Wenig spter erging von Hitler persnlich der Befehl einer Repressalie: Fr jeden getteten Deutschen seien 10 Geiseln zu erschiessen. Eine Vergeltungsmassnahme schien jetzt unvermeidlich, falls sich die Attentter nicht stellten. Fr die Repressalie wurden ausschliesslich Hftlinge ausgesucht, die bereits zum Tode verurteilt oder nach Kriegsrecht mit der Todesstrafe zu rechnen hatten. Unter den 320 herausgesuchten Hftlingen befand sich auch eine Gruppe von Juden. Ein Aufruf ber den Rundfunk, sich zu stellen, um die Repressalie zu vermeiden, blieb erfolglos. Hauptmann Schtz, Chef der Abteilung IV, versammelte das ganze Kommando und warnte: Wer meint, er brauche nicht zu schiessen, kann gleich zu den Geiseln gehen, weil er nmlich auch erschossen wird.
Erich Priebke wurde wegen der befohlenen Teilnahme an den Erschiessungen in den Ardeatinischen Hhlen zu Lebenslnglich verurteilt. Er wurde von kriminellen Elementen, unter Mithilfe des mit geflschten Dokumenten hantierenden Rabbiners Marvin Hier vom Simon Wiesenthalcenter Los Angeles, in San Carlo de Bariloche in Argentinien gefangen genommen und 1994 unter fragwrdigen Umstnden an Italien ausgeliefert. Priebke lebte mit Frau und Kindern knapp 50 Jahre friedfertig und als angesehener Mitbrger in Bariloche und besuchte whrend dieser Zeit mehrmals Italien und Deutschland. Anlsslich eines Prozesses im Jahre 1948 vor dem Militrgericht in Rom wurden bis auf Polizeikommandant Kappler smtliche Kollegen Priebkes, die sich an den Exekutionen hatten beteiligen mssen, freigesprochen. Priebke selbst wurde damals vom Militrgericht noch nicht einmal vorgeladen. Ein internationaler Haftbefehl lag zu keiner Zeit gegen ihn vor.
Als der 83jhrige Erich Priebke am 1. August 1996 freigesprochen wurde, hinderten in einem Akt von Freiheitsberaubung knapp hundert1 wutentbrannte, tobende Extremisten von der jdischen Gemeinde Rom das gesamte Richtergremium mehrere Stunden lang am Verlassen des Gerichtssaals, bis Priebke um zwei Uhr in der Frh erneut verhaftet wurde.2 Mindestens ein Carabinieri wurde verletzt. Die vom Wiesenthalcenter mit unverschmten Lgen alimentierte Presse diffamierte Priebke fast einstimmig. Daraufhin kam es zu einem zweiten Prozess in dem Priebke zu vierzehn Jahren Freiheitsentzug und spter zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Ein italienischer Anwalt erklrte, dass sich wegen einer kleinen Minderheit die italienische Justiz vollkommen dem Unrecht gebeugt habe. Am vergangenen 29. Juli ist Erich Priebke 95 Jahre alt geworden. Er befindet sich heute in Rom unter Hausarrest.
Der angebliche Rechtsstaat Deutschland versagte, als es darum ging, fr den zu Unrecht schwer bestraften Erich Priebke, der als Vizepolizeiattachs der deutschen Botschaft in Italien die ihm gebotene Pflicht erfllt hatte, widrigenfalls er selbst fsiliert worden wre, Freiheit zu fordern.
Mitwirkende bei der Niemals vergessen, niemals vergeben-Fraktion waren Prominente wie Shimon Samuels, Vertreter des Pariser Wiesenthal-Zentrums und Oberrabbiner Toaff von der jdischen Gemeinde von Rom. Bei der nachgewiesenen Dokumentenflschung und Erfindung von Lgengeschichten mochte auch Rabbiner Hier vom Wiesenthalcenter in Los Angeles nicht abseits stehen. In einem Interview bezeichnete Hier den Fall Priebke als internationalen Test fr die Berlusconi-Regierung. Bekanntlich war Gianfranco Fini mit seiner rechtslastigen Alleanza Nazionale zuverlssiger Bndnispartner von Regierungschef Silvio Berlusconi. Sich im Fall Priebke querzulegen, htte fr die damals mit Schwierigkeiten ringende Regierung bedeutet, sich dem gngigen Vorwurf der Sympathie fr den Nazismus auszusetzen. Dies htte, wie der Fall des ehemaligen sterreichischen Prsidenten Kurt Waldheim mit aller wnschenswerten Klarheit bewiesen hat, ohne jeden Zweifel eine weltweite, unbeschreibliche Hysterie heraufbeschworen.3 Geburtshelfer fr die Verleumdungskampagne gegen Waldheim war der damalige UNO-Botschafter und sptere israelische Premierminister Benjamin Netanjahu. Im UNO-Gebude wurden Akten geflscht, die dann im rechten Moment zum Vorschein kamen.4
Der Fall Priebke war im Sinne des Alten Testaments ein archaisches Opferritual, bei dem das Opfer am Ende geschlachtet werden musste, um die Erinnerung an die Naziverbrechen zu beschwren (Paolo Giachini).
Autobiographie Vae Victis
von Erich Priebke und Paolo Giachini, 1032 Seiten,
aus dem Italienischen bersetzt von Jrgen Graf.
Preis 42 Euro inkl. Versand und Nachnahmekosten.
Buchbestellung an: Signor Erich Priebke, Via Cardinale Sanfelice 5, 00167 Rom, Italien
Fussnoten
1 Die Angreifer hatten Verstrkung aus dem nahegelegenen Judenviertel erhalten.
2 Dem Presseclub Schweiz liegt ein DVD-Dokumentarfilm vor, welcher die Vorkommnisse besttigt.
3 Vae Victis, Rom 2003, deutsch 2005, S. 270.
4 Victor Ostrovsky, Geheimakte Mossad, Goldmann Verlag, S. 287
![]() |