Geheimtreffen der Schweizer Elite

(20.1.2010) Jhrlich treffen sich die Spitzen aus Wirtschaft und Politik am Genfersee im Nobelpalast Rive-Reine1 des Grosskonzerns Nestl. Dieser ist Gastgeber der Veranstaltung, die unter absolutem Ausschluss der ffentlichkeit und Medien und unter strikter Geheimhaltung stattfindet. Zu den geladenen Gsten zhlen die Topshots2 der Schweizer Wirtschaft, insbesondere der Pharmaindustrie und der Banken. Eingeladen sind auch Parlamentarier, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den wirtschaftsfreundlichen Parteien der Mitte angehren. Dieser Umstand erstaunt nicht, war doch Alt-Bundesrat und FDP-Mitglied Kaspar Villiger, heute Verwaltungsratsprsident der UBS, lange Organisator dieses Treffens. Regelmssig ist auch der Bundesrat mit zwei Mitgliedern vertreten. Auch auf geistlichen Beistand wird nicht verzichtet, so dass jedes Jahr zwei hohe Vertreter der beiden Landeskirchen auf der Gsteliste stehen. Die NZZ stellt zwei Moderatoren aus der Wirtschaftsredaktion. ber die zur Diskussion stehenden Themen ist wenig bis nichts bekannt, da sich die Gste anscheinend unisono an das Gebot der Verschwiegenheit halten. So usserte sich ein von den Medien befragter Teilnehmer aus dem Parlament zu den Inhalten der Gesprche, dass diese nicht geheim sondern lediglich vertraulich seien!

Die Zusammensetzung der Gste lsst jedoch einige Rckschlsse ber den Sinn und Zweck der Rive-Reine-Tagung zu. Vertreter aus Wirtschaft und Politik ben den Schulterschluss. In Zeiten, in denen die Schweizer Wirtschaft, die Banken und in deren Kielwasser auch die Politik von Krisen geplagt werden, kme man vorerst nicht auf die Idee, das Kind beim Namen zu nennen. Bei neutraler Betrachtung kann diese Annherung von Wirtschaft und Politik aber nur als das identifiziert werden, was sie im Innersten eben ist: Lobbying3. Gbe es eine Pressemitteilung zu dieser Tagung, hiesse es da, dass Vertreter der Politik, der Wirtschaft und der Kirche gemeinsam Lsungen fr die dringenden Probleme unserer Zeit suchen. De facto geht es aber darum, bessere Bedingungen fr die Wirtschaft zu schaffen oder drohenden Gefahren wie einem Boykott der Schweizer Wirtschaft durch islamische Lnder zu begegnen. Wirtschaftsthemen werden die Rive-Reine-Tagung dominieren. Kaum vorstellbar ist, dass der Mitgliederschwund der Landeskirchen Gegenstand der Diskussion ist, obwohl auch zwei klerikale Vertreter zugegen sind. Gerade diese beiden Vertreter der Landeskirchen sollen den Eindruck erwecken, dass ein breiter, alle Schichten der Gesellschaft durchdringender Konsens gesucht wird. Damit haben die beiden Kirchenvertreter ihre Schuldigkeit getan.

Die Schweizer Bevlkerung hat dieses Jahr die Rive-Reine-Tagung zufolge medialer Aufmerksamkeit mit einem gehrigen Mass an Emprung wahrgenommen. Es entspricht nicht unserer direktdemokratischen Tradition, dass hinter verschlossenen Tren ber die wirtschaftliche und politische Zukunft der Schweiz entschieden wird. Wahrlich gehrt es in der Schweiz zum normalen Sumpf der politischen Entscheidungsfindung, dass Lobbyisten auf unsere gewhlten Volksvertreter Einfluss zu nehmen versuchen. Dass sich unsere Regierung mit zwei Bundesrten auf einer Lobbyisten-Tagung blicken lsst, mutet hingegen schon sehr seltsam an. Die Anwesenheit zweier Bundesrte auf einer klandestinen Lobby-Tagung ist unangemessen, da die Regierung in den Verdacht gert, Spielball von Wirtschaftsinteressen zu sein. Vielleicht trifft dies lngst zu. Unser Demokratieverstndnis strt sich auf jeden Fall daran, weil dies das Volk als Souvern in Frage stellt. Ungeschickt ist ferner, dass der Bundesrat mit seiner Anwesenheit eine undurchsichtige, nicht ffentliche, geheime Veranstaltung offizialisiert. Zumindest der Bundesrat sollte diesem Treffen fernbleiben, auch wenn mit einer langjhrigen Tradition gebrochen wrde. Es ist nicht zu befrchten, dass der Bundesrat mit einem Rckzug den Draht zur Wirtschaft oder den Banken verlieren wrde, da ja namhafte Interessenvertreter wie Eugen Haltiner Gremien der Regierung sogar vorsitzen.

Versammlungen, die sub rosa4 stattfinden, waren der ffentlichkeit immer suspekt. Dumm sind jene Wirtschaftslenker, welche in ihren Konzernen ber Abteilungen fr transparente Firmenkommunikation verfgen, zugleich aber der Meinung sind, ein undurchsichtiger, geheimer Anlass wrde von der ffentlichkeit akzeptiert und auf Verstndnis stossen. Die Geheimniskrmerei rund um diese Veranstaltung ist kontraproduktiv. Die ffentlichkeit hat geheimniskrmerische Vereinigungen wie etwa diese der Rosenkreuzer oder Freimaurer schon immer argwhnisch wahrgenommen. Die Rive-Reine-Tagung reiht sich nahtlos in diese Tradition ein. Eine geschlossene Gesellschaft der Mchtigen stsst fernab von Verschwrungstheorien auf Ablehnung, welche leicht eine politische Aktion auslsen kann. Der politische Wille des Schweizer Volkes scheut sich nicht vor Irrationalitt, wie die Minarettinitiative gezeigt hat. Peter Brabeck, seines Zeichens Konzernchef von Nestl und Hausherr der Rive-Reine-Tagung, wre zu empfehlen, dass er von dieser Art Public Relation5 absieht und ausgewhlten Journalisten Zutritt gewhrt. Die ffentlichkeit begehrt Einlass!

Abgesehen von Geheimtreffen mit Politikern sollte in der Schweiz das Thema Lobbying verstrkt diskutiert werden. Lobbying und Bestechung sind nicht weit voneinander entfernt. Lobbying ist Bestechung der raffinierten Art. Direktzahlungen werden vermieden, Zuwendungen verlassen nicht den Rahmen des Alltglichen, Versprechungen werden nicht explizit geussert, ein kleiner Tip erfllt zuweilen seinen Zweck, Andeutungen ber eine frei werdende Spitzenposition erscheinen unverbindlich, eine Parteispende wird in Aussicht gestellt. Lobbying als Einflussnahme der Wirtschaft auf die Politik wird professionell betrieben. In der Wandelhalle unseres Bundeshauses trifft man nicht selten Interessenvertreter der Wirtschaft, der Banken und der Industrie. Lobbying untergrbt aber demokratische Prozesse, weil die politische Entscheidungsfindung mit zwielichtigen Mitteln untergraben wird. Mittel, die dem Volk nicht zur Verfgung stehen. In den USA gab es schon eine Reihe handfester Lobbying-Skandale. Auch in Europa kennt man die Problematik, da in Brssel und Strassburg Lobbyisten wie Fliegen um die Zentren der Macht schwirren. Lobbying wie die Rive-Reine-Tagung gehrt auf die politische Traktandenliste.


Kommentiert von P. Born, Quelle: freiheitskampf 1984

  widerspricht der Meinung, die Minarettinitiative sei irrational begrndet gewesen. Dass dem politischen Willen des Schweizer Volkes tatschlich rationale Bedenken zugrunde liegen, zeigt unser Beitrag in der Nr. 1/2010 Eine Christin stellt Fragen zum Islam. Das Schweizer Volk versteht sich nicht als Mischvolk aus europischen Christen und asiatisch-afrikanischen Moslems, die unsere Religion und Kultur mit Fssen treten indem sie meinen, uns verbieten zu mssen, in den Schulen christliche Weihnachtslieder zu singen, Krippenspiele aufzufhren, in ffentlichen Gebuden das Christuskreuz aufzuhngen oder in den Schulen ber das Hausschwein zu sprechen. Dasselbe Lobbying wie in der Wirtschaft, das der Autor dieses Berichts zu recht als inakzeptabel anprangert, herrscht in der Politik und bei abtrnnigen Klerikalen auch dann, wenn es um die existentielle Niederringung der abendlndischen Kultur geht, damit sobald der Widerstand der Vlker gebrochen ist, die gleichmachende One World-Regierung auf den Thron gesetzt werden kann. Wer das Lobbying der Wirtschaft kritisiert, aber die Vlkervermischung unangetastet lsst, hat Scheuklappen vor den Augen.


Fussnoten

1 Internationales Ausbildungscenter der Nestl in La Tour-de-Peilz VD (zwischen Montreux und Lausanne).

2 Topshots: wirtschaftl. hochbezahlte Fhrungskrfte.

3 Lobby: parl. Interessenvertreter (seinen Einfluss geltend machen).

4 sub rosa: (lat.: unter einer Rose), hnliche Bedeutung wie entre nous (ganz unter uns). Schon die alten Rmer hngten bei geheimen Besprechungen eine Rose an die Decke, damit die Anwesenden ber das Gesagte schwiegen.

5 PR, public relations: ffentlichkeitsarbeit.