Rckblick auf das World Economic Forum (WEF) in New York
Auszug aus dem gleichnamigen Artikel
von Doris Auerbach
Anfang Februar wurde das 32. WEF in New York abgehalten statt wie bisher blich in Davos. Die Verlegung sei angeblich vorgenommen worden, weil die Schweiz die Sicherheit der Teilnehmer nicht gewhrleisten knne. Die grosse Mehrheit der rund 1000 Teilnehmer sind Vorsteher multinationaler Gesellschaften mit einem jhrlichen Umsatz von wenigstens 1 Milliarde US-$. Diese sind also in der Lage, die Kosten fr ihre Sicherheit allein bezahlen zu knnen, sozusagen aus der kleinen Portokasse. Bundesrat Villiger signalisierte in seiner Ansprache das Interesse der Schweiz an einer Rckkehr des WEF nach Davos. Der Bundesrat hat fr die Durchfhrung des WEF im Jahr 2003 in Davos bereits beschlossen, 4 Millionen Franken bereitzustellen.
Aus der Sicht Bundesrat Villigers ist das WEF als Forum des Dialogs ein Nhrboden fr den Sinn fr Verantwortung. Eine solche ist jedoch nirgendwo erkennbar. Der vielgepriesene Geist von Davos tagt seit Jahrzehnten, ohne dass der Raubbau an den Ressourcen aufhrt oder das Los des Arbeitnehmers in den Schwellenlndern verbessert worden wre. Er lsst sich vorwiegend dort nieder, wo er sicher sein kann, von Billigstlhnen, niedrigen Steuern und minimalsten sozialen Verpflichtungen zu profitieren. Wo htte im brigen der Geist von Davos je wirklich an der herrschenden Korruption Anstoss genommen, oder an der Tatsache, dass sich die Anzahl der rmsten Lnder in den letzten 25 Jahren verdoppelt hat. Das Ausmass, in welchem asiatische und afrikanische Diktatoren sozusagen unter den Fittichen der UNO und des Internationalen Whrungsfonds (IWF) ihren Lndern seit Jahren Milliarden an Volksvermgen entwendet haben, ist erschreckend. Angesichts der unermesslichen Ressourcen der Staaten Afrikas oder auch Indonesiens, kann niemand an der Frage vorbeikommen, wieso die Profite der Wirtschaft ins Unermessliche steigen, whrend gleichzeitig die Bevlkerungen dieser Lnder in die Armut absinken. Nigeria ist der zehntgrsste Erdllieferant, hatte aber im Jahr 2000 eine Auslandsverschuldung von 30 Milliarden US-$. Der Diktator Abacha schaffte eine Summe von geschtzten 4 Mrd. US-$ ausser Landes. Sicher nicht ohne Wissen der Wirtschaftsvertreter des WEF und der Banken. Wenn Bundesrat Villiger von Nhrboden spricht, scheint er den Worten Verantwortung und Korruption nicht auf den Grund zu gehen.
Die Ausbeutung der enormen Bodenschtze in Irian Jaya, Indonesien (West-Neuguinea), erfolgt durch die US-Firma Freeport, die dort die weltweit grsste Gold- und die drittgrsste Kupfermine betreibt. Fr die Eingeborenen fllt wie blich nichts ab. Im Vorstand dieses US-Konzerns sass oder sitzt immer noch der berchtigte Henry Kissinger, dessen Verbrechen soeben vollumfnglich dokumentiert wurden.* Irian Jaya ist von den Indonesiern widerrechtlich besetzt. 600000 Hektar des dort 1978 als Naturschutzgebiet deklarierten Lorentz-Nationalparks sind dem Bergbaugiganten Freeport zugeschlagen worden. In den Randgebieten des Naturparks wird seither der Abraum der Minengesellschaften deponiert. Die Flsse sind verseucht. 70 % des Waldbestandes wurde fr Japan zum Abholzen freigegeben. Der Widerstand der Eingeborenen ist von indonesischem Militr brutal niedergeschlagen worden.
In Kolumbien drfte die Vertreibung und Ermordung der in Choc ansssigen Bevlkerung und das Niederbrennen ihrer Drfer, worber bei uns keine Zeitung berichtet, abgeschlossen sein. Vermutlich zur Freude der Apostel von Davos, denn dort, an der Grenze zu Panama, vermutet man Kupfer, Nickel, Gold, Uran und Erdl. Das Gebiet soll in Zusammenarbeit mit internationalen Firmen in eine Wirtschaftszone verwandelt werden. Alles unter dem Schlagwort Globalisierung. Human Rights Watch hat jetzt erneut nachgewiesen, dass das dreckige Geschft des Vlkermordes durch Grossgrundbesitzer und Paramilitrs unvermindert anhlt. Die USA haben unter Clinton 1,3 Mrd. US-$, die vorab in die Militrausrstung gehen, fr den Plan Colombia bereitgestellt. Zum Auftakt der Internationalen Konferenz der Indios in Panama im Mai 2001 verffentlichten die kolumbianischen Ureinwohner eine Erklrung, in der die brutale Unterdrckung in ihrem Land verurteilt wird. Allein in der westkolumbianischen Region Naya, in der Paramilitrs und Guerilla seit Juni 2001 um die Kontrolle kmpfen, seien bei 17 Massakern ber 400 Indios ermordet worden. So gesehen hat der Geist von Davos allein in Kolumbien zur Folge, dass rund 1,2 Mio. Vertriebene in ihrem eigenen Land auf der Flucht sind.
Die Privatisierung gehrt zu den an erster Stelle stehenden Zielen des Geistes von Davos. Sie ermglicht den Konzernen, sich sozusagen nach Belieben in jedes Land einzukaufen, Staatsbetriebe und der Bevlkerung gehrende Ressourcen aufzukaufen und in Aktiengesellschaften umzuwandeln. Eines der Lnder, die am meisten unter dem Verbund einer Diktatur (hier unter Suharto) mit dem IWF und der USA gelitten haben, ist Indonesien. In diesem geschundenen Land hat ein multinationaler Konzern die vormals ffentliche Wasserversorgung in Jakarta bernommen. So fllt das Wasser zunehmend in die Hnde privater Unternehmer, die sich auf einen milliardenschweren Markt vorbereiten. Dazu heisst es, man knne mit traumhaften Renditen rechnen, denn Wasser sei das Erdl dieses Jahrhunderts.
Fast berall, wo sich Korruption und Profit in die Hnde spielen, ist auch der IWF nicht weit. Seine Kredite fliessen nach wie vor in Lnder, die sich schwerster Menschenrechtsverletzungen schuldig machen. Dazu gehren in erster Linie die Trkei, der strategische Bndnispartner der USA, ferner die Militrdiktatur Pakistan. Ohne Reform des IWF geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf. Doch an einer Reform scheinen die Teilnehmer des WEF nicht interessiert, ist doch der IWF mit ein Garant fr die reibungslose Auslagerung von Arbeitspltzen in Billiglohnlnder. Der Wirtschafts-Nobel-Preistrger des Jahres 2001, Joseph Stiglitz, hat dargelegt, dass die hohen Zinsstze, die der IWF im Namen der Stabilisierung empfiehlt, massenhaft zu Bankrott und Vernichtung von Kapital fhren. Noch mehr irritiert die Tatsache, dass von jedem IWF-Hilfspaket zuerst die Spekulanten in den New Yorker Banken profitieren, die ihre Geschfte in den Schwellenlndern ttigen. Auch damit ist der IWF auf einer Linie mit dem Geist von Davos. Im Herbst 2001 hat der IWF nicht nur eine Senkung der Lhne in Europa gefordert, sondern auch den Abbau der Arbeitsschutzgesetze.
Ein Teil des Geistes von Davos widmet sich unbestreitbar dem ungehemmten Waffenhandel. Die in den USA produzierte Rstung entfaltet ihre verheerende Wirkung besonders in den armen Drittweltlndern, wohin 50 % der US-Rstungsproduktion geht. Die massive Erhhung der Militrausgaben Sdasiens hindert 110 Millionen Kinder am Schulbesuch und ist eine der Ursachen, dass dort 500 Millionen Menschen in absoluter Armut leben. Was hat der IWF anderes bewirkt, als die Dauerverschuldung der Schwellenlnder? Andernfalls mssten heute nicht immer noch 1,3 Milliarden Menschen (Stand Anfang 1999) mit weniger als 1 Dollar pro Tag auskommen. Die dargelegten Verhltnisse (ein winziger Ausschnitt) werden seit Jahren von Amnesty International, Human Rights Watch und anderen angeprangert. Die WEF-Teilnehmer mit ihrem Geist von Davos setzen sich locker darber hinweg. Solange dieser Geist keine nderung erfhrt ist seine Rckkehr in die Schweiz unerwnscht.
Kommentar der Redaktion: Wir weisen die Behauptung von Bundesrat Villiger zurck, die Rckkehr des WEF sei im Interesse der Schweiz. Schweizer Brger in ihrer grossen Mehrheit untersttzen die mit dem WEF eng verbundene Korruption und Ausbeutung der Vlker nicht. Wir fordern Bundesrat Kaspar Villiger auf, seine Interessen offenzulegen, die ihn dazu bringen, einen nachweislich schdlichen Monopolkapitalismus zu untersttzen, der die Nationalstaaten einebnet, Vlker, Religionen und Kulturen vernichtet und sich eine Weltregierung zum Ziel gesetzt hat.
Fussnote
* Christopher Hitchens: Die Akte Kissinger, DVA 2001