Was ist ein politischer Prozess? Was heisst politische Polizei?
Gedanken nach der Ablehnung der Volksinitiative SOS Schweiz ohne Schnffelpolizei vom 7. Juni 1998
Bei politischen Prozessen geht es nicht um Delikte gegen Leib und Leben, Sachen, Vermögen oder die Ehre von Menschen, sondern um die strafrechtliche Ahndung von in den Augen der Machthaber falschen Meinungen oder Überzeugungen. In historischer Zeit war es oft der falsche Glaube. Um die Verfolgung Andersdenkender zu rechtfertigen, musste in all diesen Fällen eine wie auch immer geartete Gefährdung heraufstilisiert werden, die mehr oder weniger rational war. Früher war es die Beleidigung Gottes, die Unheil bringen konnte, oder der Majestät als Stellvertreter Gottes. An die Stelle von Gott und König sind heute mächtige Sonderinteressengruppen getreten, die jede Kritik als Beleidigung verfolgen unter Hinweis auf einen besonderen Status, den sie aufgrund eines besonderen geschichtlichen Schicksals beanspruchen. Schon die betreffenden Geschehnisse kritisch zu hinterfragen, zu untersuchen oder mit anderen Vorkommnissen zu vergleichen, stellt ihrer Meinung nach eine Beleidigung dar.
Kennzeichen der politischen Gesinnungsjustiz ist eine systematische (d.h. auf einem teilweise wahnhaften Dogmensystem aufgebaute) Herabsetzung und Verleumdung Andersdenkender. Diesen werden die abscheulichsten Dinge unterschoben, damit die Verfolgung dem Schein nach rational gerechtfertigt werden kann. Die Verfolgung konnte sich früher bis zur physischen Vernichtung steigern (s. die Ausrottung der falschglubigen Albigenser oder die Hexenprozesse). Heute sind es die öffentliche Vorverurteilung in den Medien, die soziale Ausgrenzung und Ächtung sowie neuerdings die Verfolgung mit den Mitteln der Justiz.
Die Verfolgung Andersdenkender ist aber immer ein Zeichen von Schwäche und des moralischen Zerfalls, da eine offene ehrliche Auseinandersetzung gescheut wird. Wenn die Schwäche mit der Zeit offenkundig wird, muss sich die Repression unter Zuhilfenahme immer groteskerer Anschuldigungen und Unterstellungen immer mehr steigern, bis sie sich selbst ad absurdum führt. Der um sich greifende Missbrauch der Justiz fügt dem Rechtsstaat auf Dauer grossen Schaden zu.
Die Absurdität der Verfolgungsmentalität zeigt sich jetzt schon, indem sich die Politische Schnüffelpolizei zuständig fühlt, Dissidenten, die dem herrschenden politisierten Geschichtsdogma widersprechen, unter dem Titel Staatsschutz zu überwachen und über diesbezügliche Strafverfahren zu berichten [s. Stichwort Revisionismus in der Website der Bundespolizei]. Vor der Abstimmung über die abgelehnte Initiative SOS Schweiz ohne Schnffelpolizei der Sozialdemokraten wurden die Bürger beschwichtigt, es gehe um das organisierte Verbrechen, den Terrorismus und gewalttätigen Extremismus. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden. Vor der Präventiven Polizei (wie die politische Polizei neu heisst), die etwa extremistische Ausländergruppen überwacht und sich auf dem Boden der Verfassung bewegt, müssten auch Dissidenten eigentlich keine Angst haben, denn sie gefährden weder die verfassungsmässige Ordnung noch rufen sie zu Gewalttaten auf. Etwas anderes kann niemand mit gutem Gewissen und im Ernst behaupten. Doch die rechtsverdrehende Phantasie einzelner Gerichte und Behörden (s. Bupo) geht genau in diese Richtung. Solches ist nur vor dem herrschenden politischen Hintergrund möglich. Es besteht Anlass zu grosser Sorge. So bezeichnete Urs von Däniken, Chef der Bundespolizei, am 7.5.1998 in einer Radiodiskussion mit den üblichen Rechtsextremismus-Experten Hans Stutz und Nationalrätin Cecile Bühlmann die Revisionisten allen Ernstes als intellektuelle Skinheads. Es sei schon erstaunlich, wie gut diese argumentieren könnten. (!) Hier wird die schamlose Verleumdungs- und Herabsetzungstaktik offenkundig: Wer kein Skinhead ist, ist zumindest ein intellektueller Skinhead, wenn es den Pseudo-Rechtsextremismus-Experten ins Konzept passt.
Gerade bei Dissidenten, welche eine andere Meinung zu geschichtlichen Ereignissen vertreten, ist die Notwendigkeit fraglich, bereits im Vorfeld strafbarer Handlungen zu ermitteln. Wenn gegen Strafnormen verstossen wird, können die ordentlichen Strafbehörden ermitteln und der Betroffene kann sich wenigstens theoretisch in einem rechtsstaatlichen Verfahren wehren. Bei der präventivpolizeilichen Tätigkeit bleibt alles verborgen aus einem angeblichen Geheimhaltungsinteresse. Wie linke Aktivisten aus jahrzehntelanger, leidvoller Erfahrung wissen, kann damit grosser Schaden angerichtet werden. Der Nutzen der präventiven Polizei ist zudem umstritten. Der Sprengstoffanschlag auf das Haus von Regierungsrat Stucki wurde 1976 nicht verhindert, obwohl die Polizei konkrete Hinweise hatte.
Leider ist zu befürchten, dass auch die neue, sogenannte präventive Polizei, sich kritiklos in den Dienst der herrschenden Machthaber stellt, wie das Beispiel Deutschland zeigt, von wo die herrschende Staatsschutz-Doktrin weitgehend importiert wurde.
1997 wurden in Deutschland 7949 Bürger wegen sogenannter Propagandadelikte (nach Orwellschem Neusprech Volksverhetzung genannt), also nicht wegen Gewalttaten, in Strafverfahren einbezogen und in ihrer bürgerlichen Existenz vernichtet, nur weil sie sich dem staatlich verordneten Geschichtsbild nicht unterziehen wollten, sondern eine eigene, politisch nicht korrekte Meinung, vertraten. In Deutschland gibt es mehr politische Gefangene als die DDR in den letzten Jahren ihrer Existenz hatte. Durch kritiklose Nachäfferei deutscher Gepflogenheiten ist man in der Schweiz ist drauf und dran, dasselbe nachzuahmen.
Symptomatisch für das jämmerliche Niveau unserer politischen Staatspolizei, die auf jeden falschen Ton reagiert, ist folgender banale Vorfall. Da hat der für seine Hemdsärmligkeit bekannte Giuliano Bignasca, Präsident der Lega dei Ticinesi, eine Tessiner Oppositionspartei, in seiner Zeitung La Mattina im Juni 1998 die hohen Spesenbezüge eines Funktionärs der Volcker-Kommission kritisiert und diesem, für die nächsten Ferien das Hotel Buchenwald in Dachau, das von einem sympathischen Herrn mit Schnäuzlein geführt wird, empfohlen (TagesAnzeiger 19.6.98). Die Bundespolizei war sich nicht zu blöd, wegen einem solchen Seich entschuldigung! , anders kann man es nicht sagen Anzeige wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz zu machen. Da kann man nur sagen: Macht ruhig weiter so! Wundert Euch aber nicht, wenn eines Tages die Quittung präsentiert wird.
Die nachfolgenden Zitate aus dem Buch Politische Justiz die Krankheit unserer Zeit von Prof. Friedrich Grimm [vergriffen, Universitätsbibliothek Basel Signatur PolitConv 4 Nr. 936] gibt den Charakter der politischen Justiz treffend wieder (Hervorhebungen durch ) [Zitat übernommen von Dr. Erwin Kessler Verein gegen Tierfabriken] (VgT)
Macht geht vor Recht! Die Justiz ist zur Dirne der Politik geworden. Die Politisierung der Justiz ... ist ein Zeichen für den Untergang einer Kultur, ein Zurücksinken in den Barbarismus. Dieser Vorgang hat allerdings seine historischen Vorbilder. Es hat zu allen Zeiten politische Prozesse gegeben..., Gerichtsverfahren, durch die die jeweiligen Machthaber politische Gegner in der öffentlichen Meinung herabzusetzen bestrebt waren...
So war schon der Prozess gegen Christus ein politischer Prozess, eine Krankheitserscheinung des römischen Reiches. Denn bei diesem Prozess ging es nicht nur um religiöse Dinge. Alle Symptome der politischen Prozesse von heute sind schon in dem Prozess um Christus erkennbar - die Verfolgung eines Glaubens, einer Meinung, in der Form eines Kriminalprozesses... Es war immer dasselbe. Man denke nur an die Hexenverbrennungen.
Politische Prozesse sind Marksteine der Geschichte. Sie geben ein Spiegelbild ihrer Zeit. Man nennt die Prozesse, die in der Form gewöhnlicher Strafprozesse geführt werden, in Wirklichkeit aber politische Prozesse sind, Prozesse mit politischem Hintergrund, weil der Anlass zur Strafverfolgung politischer Art, die Form aber die eines gewöhnlichen Strafverfahrens des gemeinen Rechts ist. In diesen Prozessen geht es darum, dass eine bestimmte politische Einstellung nicht nur missbilligt, sondern bestraft werden soll. Man greift deshalb meistens zu der Methode, dass ein strafbarer Tatbestand unterschoben oder aufgebauscht wird, um das sonst nicht zu begründende politische Urteil als Straftat hinstellen zu können.
Der Tatbestand des politischen Prozesses ist einfach und brutal. Er lautet: Ich habe die Macht, du bist mein politischer Gegner. Du bist mir unbequem. Ich will dich vernichten. Alles andere ist juristische Form, ist Missbrauch der Justiz zu politischen Zwecken.