Geld ist gut, Vertrauen ist besser
(ei.) Pietro Archiati ist 1944 in Brescia in der Nhe des wunderschnen Gardasees geboren. Er lebt seit 1987 als Schriftsteller in Deutschland. Seine Bcher seien dem freien Geist jedes Menschen gewidmet der Unerschpflichkeit seiner denkerischen und moralischen Krfte. So steht es auf der letzten Seite seines Buchs Geld ist gut, Vertrauen ist besser1 geschrieben. Dieser Satz hat mich herausgefordert und meine leider nicht so sehr unerschpflichen denkerischen Krfte mobilisiert. Da ich mich aber schon vor dieser Broschre durch viele Tausend Seiten zum Thema Geldwesen hindurchgekmpft und das Geheimnis des Geldes ergrndet habe, fiel mir die Lektre nicht allzu schwer. Nachfolgend einige Thesen, ber die ich mich sehr verwundert habe:
Archiati schreibt: Die Geldwirtschaft msse wie die Naturalwirtschaft von der Entwicklung berholt werden und neuem Platz machen. (Seite 27)
Das Geldsystem als Wirtschaft zu bezeichnen und mit ihr zu vergleichen, ist ein schlimmer Fehler. Mit Geld soll eben gerade nicht gewirtschaftet werden. Die Naturalwirtschaft hat sich von primren zu sekundren, dann tertiren und schliesslich zu quartren Berufsformen2 hin entwickelt. Beim Geld verhlt es sich ganz anders. Es wurde an die Stelle des oft schwerflligen Warentauschs gesetzt. Damit wurde symbolisch gesehen der Tauschhandel z. B. eines Pferdes gegen ein Huhn ermglicht, wofr ohne Geld keine Einigung zustande gekommen wre. In neuerer Zeit begann sich aber das, was wir Geld nennen, zu verflchtigen. Gold- und Silbermnzen verschwanden. Heute auch Mnzen aus unedlen Metallen und sogar das Papiergeld, die immer mehr durch Geldkarten abgelst werden. Der grsste Teil allen Geldes besteht heute nur noch aus elektronischen Bits3 bei den Banken. Dadurch wurde das bewhrte Geldsystem verdrngt und ermglichte die schdliche Finanzwirtschaft. Damit hat sich das Geld seiner ursprnglichen Form entfremdet. Geld ist selbst zu einer Ware verkommen. Geld hat daher nicht etwas Neuem Platz zu machen, wie Archiati es sich wnscht, sondern seine Missbrauchsmglichkeiten sind abzuschaffen und das Geld seiner ursprnglichen Form zurckzufhren.
Wenn ich fr meine Ware Geld erhalte, werde ich von jeder Bindung an Ort und Zeit befreit. Alte gegenseitige Abhngigkeiten der Tauschwirtschaft verschwinden, wenn Waren und Dienstleistungen mit Geld bezahlt werden knnen. In der Naturalwirtschaft waren die Menschen viel strker aufeinander angewiesen. (Seite 28)
Archiati bersieht die heute viel grsseren Abhngigkeiten. Man vergleiche nur etwa die Tausenden von Tante Emma-Lden, die es vor 40 Jahren noch gab, mit den heutigen Grossverteilern, denen ein jeder von uns ausgeliefert ist. Die Abhngigkeit verschwindet mit Geld nicht, denn wer keines hat, kann nichts kaufen und wird durch den Brokratismus des Staates ganz besonders abhngig. Das Fischen und Jagen war frher jedem gestattet; wer Eier hatte, konnte Hhner zchten. Die Herstellung von Geld ist jedoch den Banken mit ausschliesslich monopolistischer Geldkreditverteilung vorbehalten. Von diesen ist ein jeder abhngig, sobald er Kredit, auch in Form einer Hypothek, aufnimmt.
Nur in einer Geldwirtschaft ist es mglich, gengend Kapital anzuhufen, das der Anschaffung und dem Gebrauch von Produktionsmitteln dienen soll. Die Herstellung von Autos wre ohne Kapitalkonzentration in Form von Geld nicht mglich. (Seite 28)
Archiati bersieht, dass eine Anzahl berhmter Automobil- und Flugzeugbauer und Grnder der Textilindustrie fast ohne Anfangskapital begonnen haben. Durch ihren Erfindergeist, mit Arbeit und Fleiss kamen sie zu Geld und bauten ihre Werksttten zu weltweit bekannten Grossfirmen aus.
Es entstand ein Arbeitsmarkt, auf dem der Arbeiter seine Arbeit gegen Geld dem Arbeitgeber verkaufen musste. Dadurch sind die zwei bekannten Lager entstanden Arbeitgeber und Arbeitnehmer , die nie aufgehrt haben, gegeneinander zu kmpfen. (Seite 29)
Archiati betrachtet die Sache von der falschen Seite, nmlich vor der Kulisse des Geldes statt vor jener des Leihkapitals mit dem Zinswesen. Erst diese fhren durch Kapitalausweitung abwechselnd zu Rezession, Deflation oder Inflation und damit zum Konkurrenzkampf. Ursache ist nicht das Geld an und fr sich, sondern die expansive Geldvermehrung durch das Geldsystem. Archiati spricht wiederholt von Geldwirtschaft ohne auch nur einmal den Mechanismus der Geldvermehrung durch Kreditausweitung durch das Bankensystem zu besprechen oder daran Kritik zu ben. Es scheint als htte Archiati das Geldsystem noch nicht so ganz begriffen.
Die Geldwirtschaft erzeugt zwangslufig einen berschuss an Kapital, weil es in der Natur der Arbeitsteilung liegt, dass alle Waren billiger hergestellt werden. (Seite 30)
Es wre schon zu begrssen, wenn die Preise unverndert blieben, doch die Realitt kmmert sich wenig um Archiatis Wnsche. Tatschlich gibt es fast nichts, was billiger geworden ist. Mietzinsen, Steuern und Abgaben steigen. Handwerkerkosten steigen. Selbst die Elektrizitt und die Mllabfuhr werden teurer. Die Fahrt mit dem Taxi wird teurer. Bekleidung und Schuhe werden teurer. Das Hausmobiliar wird teurer. Selbst unsere Lebensmittel werden teurer. Auf den Verpackungen der Grossverteiler werden die Preise nicht mehr aufgedruckt, damit niemand die Teuerung sehen kann. Billiger werden bloss Massenprodukte deren hohe Entwicklungskosten auf Null abgeschrieben worden sind (Computer, Handtelefone und andere elektronische und technologische Erzeugnisse). Billiger wird auch, was aus dem fernen Osten importiert wird. Mit den tieferen Preisen geht in der Regel eine schlechtere Qualitt einher. Einige Waren verkommen zu Schundprodukten. Das wenige, das natrlichen Preisschwankungen unterliegt, sind Getreide, Frchte, Kaffee, Kakao usw., weil deren Erntemenge von der Vegetation abhngig ist. Oft werden deren Teuerung jedoch von Warenspekulanten knstlich herbeigefhrt.
Auch die Zinsen der Geldgewinn, der beste Beweis fr Gesundheit und Produktivitt des Unternehmens. (Seite 30)
Zinsen dem Unternehmergewinn gleichzusetzen ist falsch. Zins ist die arbeitslose, in der Regel risikolose Geldvermehrung des Kapitals. Beispiele: Staatsanleihen, Kredit- und Hypothekarwesen der Banken. Ganz anders der Unternehmergewinn. Mit dem investierten Kapital beteiligt sich der Geldgeber nmlich anteilsmssig auch am Verlust des Unternehmens. Beim Konkurs haftet er gegenber den Glubigern. Archiati scheint dies nicht gemerkt zu haben.
Ganz anders wirk das Geld, wenn es anfngt durch den Zinseszins sich ins Unendliche zu vermehren. (Seite 30 letzter Absatz und Seite 31)
Hier spricht Archiati den wunden Punkt des Geldsystems an, ohne jedoch ein einziges Mal den Geldbetrug durch staatlich legalisierte Bankengesetze mit der sogenannten Mindestwhrungsreserve ans Tageslicht zu bringen. Die vom FED durchgesetzten Vereinbarungen ermglichen den Banken durch Kreditvergabe die Geldmenge ins Unermessliche zu steigern. Die Banken knnen Geld verleihen, ber das sie in Wirklichkeit gar nicht verfgen. Die Guthaben stehen bloss in ihren Bchern. Mit virtuellen Werten (Hypotheken-Ramschpapiere, vermutetem Kursanstieg oder -niedergang) haben sie ihre Geldvolumen zustzlich ins uferlose gesteigert. Zinseszinsen allein knnen sich in so kurzer Zeit unmglich ins Unendliche vermehren. Das kann nur das Fiat Money. Banken haben an Banken Geld verliehen, und als eine Rckforderung eine erste Bank zusammenkrachen liess, folgten ihr die nchsten in den Bankrott. Einige dieser Banken wurden und werden mit Steuergeldern gerettet.
Wenn die Whrung konstant geblieben wre. (Seite 31)
Ja, wenn die Whrung konstant geblieben wre, gbe es heute den Euro nicht. Whrung ist die Valuta oder die Geldsorte der Lnder. Eine andere Frage ist die Werthaltigkeit der Whrung, und die liegt beim US-Dollar, gemessen am Schweizer Franken heute gegenber 1950, etwa bei 1:4. Rund vier Franken und zwanzig Rappen musste man damals fr einen Dollar hinlegen. Auch der Euro bsst zurzeit laufend an Werthaltigkeit ein. Und dennoch bleibt der Euro konstant ein Euro.
Wenn mehr Geld erzeugt wird als verbraucht werden kann, schlgt die Wirksamkeit der Geldwirtschaft in das Gegenteil um. Das berschssige Geld, der Zinseszins, kann das bisherige Gleichgewicht ins Wanken bringen. (Seite 32)
Aber nicht doch! Das berschssige Geld fliesst in Form von Gewinn in die Scke der wohlhabenden Grossaktionre der Banken. Zinseszins jedoch fllt nur bei Darlehen an, wenn der Kreditnehmer die laufenden Zinsen nicht zahlt. Dann werden diese dem Kapital hinzuaddiert und weiter verzinst. Ist der Kreditnehmer ein Staat, werden die nicht zahlbaren Zinsschulden umgeschuldet. Das heisst, der Geldgeber gibt dem verschuldeten Staat neuen Kredit in Hhe seiner Zinsschulden (oder mehr). So wird Kredit auf Kredit getrmt. Der fast allen unbekannte Trick dabei ist, dass die Banken das Geld, das sie verleihen, gar nicht besitzen, sondern durch Bucheintrag vermehren. Und aus diesem aus Nichts entstandenem Falschgeld resultiert das berschssige Geld.
Sollte Archiatis Buch einen Sinn ergeben, mssten er das seinen Lesern deutlich erklren, damit sie wissen, worauf es bei der lngst flligen Geldreform sie wird unterschwellig schon angedacht wirklich ankommt. Andernfalls riskieren wir, dass die Hochfinanz die Geldreform zu ihrem eigenen Nutzen reformiert, statt dass wir ihr das verbrecherische Geldsystem aus den Hnden nehmen.
Das Beispiel mit dem Jesus-Pfennig, der bei Anlage auf Zins ins astronomische anwchst, ist richtig gerechnet, bleibt jedoch Theorie. Zu Beginn der Geldanlage vermehrt sich das Kapital ber Jahre hinweg nmlich nur unmerklich langsam und kein Geldbesitzer wird so alt werden (wollen), um sich allein mit dem durch Zins und Zinseszins angewachsen Kapital begngen zu wollen. Mit Geld aus dem Nichts (Fiat Money) geht es viel schneller und eintrglicher.
Statt Menschen zu frdern, will der Kapitalbesitzer nur sein Geld weiter vermehren. Statt das Geld im Hinblick auf seine Entwertung der Pflege der Kultur zur Verfgung zu stellen, versucht er mit dem Ziel der Aufwertung , es wieder in den Wirtschaftsprozess einzubringen. (Seite 33)
Die Entwertung des Geldes ist eine Folge der Inflation durch Geldvermehrung. Umgekehrt ist Geldaufwertung Folge der Deflation durch Geldverknappung. Geldmangel behindert das ohnehin natrlich begrenzte Wirtschaftswachstum. (Archiati ist dies nicht entgangen. Er spricht vom wirtschaftlichen Zerstrungsprozess.) Dem Kapitalbesitzer geht es daher nicht, wie Archiati meint, um Geldaufwertung, sondern um Geldvermehrung. Nmlich seines eigenen Geldes. Geldbesitzer, wie etwa der in der Schweiz zu reden gebende Russe Victor Vekselberg (Grossaktionr von Oerlikon und Sulzer) zhlen noch bei weitem nicht zu den Mchtigen des Hochkapitals wie etwa die Rothschilds oder Rockefellers (um nur die zwei mchtigsten Gelddynastien zu nennen). Die wirklich Mchtigen haben so hohe Zinseinnahmen, dass sie diese selbst nach Abzug der Steuern nicht verbrauchen knnen und vom unverbrauchten Teil ihres Zinses erneut Zins beziehen. Viel sicherer als das Geld in Wirtschaftsunternehmen zu investieren, wo das Kapital auch am Betriebsverlust beteiligt ist, wird berschssiges Geld in verzinsliche Staatsanleihen plaziert. Das ist fr den Geldeigner arbeitslose Geldvermehrung. Staatsanleihen sind durch die Arbeitskraft des Volkes gesichert. Der Zins muss vom Volk erwirtschaftet werden.
Da stellt sich der aufmerksame Leser doch die Frage, wieso ein Staat, der Anleihen aufnehmen kann und sich zur Rckzahlung samt Zins verpflichtet, sich das bentigte Geld nicht selbst drucken kann? Nach einer Antwort auf diese Frage sucht man in Archiatis Buch vergeblich. Archiati ist noch nicht einmal auf die Idee gekommen, diese Frage zu stellen.
Am Anfang des 20. Jh. war das Kapital der Westlnder [England, USA] in der Bildung des Zinseszinses viel weiter fortgeschritten als das von Mitteleuropa. Wirtschaftlich gesehen hatte die Zerstrung Mitteleuropas durch den Ersten Weltkrieg im wesentlichen die Wirkung, dass die Konkurrenz das Made in Germany ausschaltete und dem Handelskapital neue Wege ffnete. (Seite 35)
Hier ist des Italieners Klarblick zu loben. Zu ergnzen bleibt, dass der Zweite Weltkrieg die Fortsetzung des ersten war und die festgestellte Wirkung, die deutsche Konkurrenz auszuschalten, nicht zufllig war, sondern planmssig betriebene Aggression. Nicht anders wie der Krieg gegen den Irak, nachdem dieser Ende 2000 sein Dollar-Guthaben bei der UNO 10 Milliarden Dollar in Euro umtauschte. Dieses Guthaben hatte der Irak aus dem UNO-Programm l fr Nahrung. Der Irak war eines der ersten Lnder, das sich aus dem Dollar zurckzog. Im Januar 2002 hatte auch der Iran die Hlfte seiner Whrungsreserven von Dollar in Euro umgetauscht. Im Herbst 2002 folgte Nordkorea dem Beispiel Irans. In den Augen der Bush-Administration galten diese als Schurkenstaaten. ber Kriegsverlierer und Schurkenstaaten darf jede Lge ersonnen und verbreitet werden, ohne dass die europischen Medien dagegen aufbegehren.
Die bermssige Kapitalbildung durch das Leihen und durch das Sparen, das die Voraussetzung des Leihens darstellt hat inzwischen bedrohliche Formen angenommen. (Seite 36)
Pietro Archiati irrt sich. Spargelder sind keine Voraussetzung fr das Geldverleihen. Sie haben nur einen bescheidenen Anteil am Kreditvolumen. Viel bedrohlicher ist die Geldvermehrung des Bankensystems durch Kreditausweitung. Wir zitieren nachfolgend aus Nr. 2/2010 (Briefwechsel mit Bundesrat Hans-Rudolf Merz): Mit 10% Mindestreserve kann eine Bank, die eine Geldeinlage von 100000 Franken erhlt, 90000 Franken von dieser Einlage verleihen. Wenn der Geldnehmer einer anderen Person einen Scheck ber diese 90000 Franken ausstellt, und derjenige den Scheck zu einer Bank bringt, kann die Bank, die diese Einlage erhlt, 81000 Franken verleihen, usf. Dieserart kann das Bankensystem die ursprngliche Einlage von 100000 Franken bis zu einer Million Franken aufblasen und Zinsen dafr kassieren. Alles Geld aus dem Nichts, durch Computer-Bits vermehrt, im Hypothekargeschft Abermilliarden von Franken! Wenn man sich die Zinseinnahmen vor Augen hlt (Amortisationsdauer rund 25 Jahre), grenzt es an hellen Wahnsinn, wenn wir dieses Geldsystem nicht ndern.
Allein die Schulden aller US-Privatpersonen, US-Unternehmen und des amerikanischen Staates zusammengerechnet, betrugen im Jahr 2006 44 (europische4) Billionen Dollar. (Ellen Brown, Der Dollar Crash)
Die fortschreitende Globalisierung fhrt dazu, dass die frher national beschrnkten Wirtschaftseinheiten sich immer mehr zu einer organischen Einheit ber die ganze Erde zusammenschliessen. Die Wirtschaft ist zur Weltwirtschaft geworden, aber das Denken ist weitgehend auf der Stufe der Nationalwirtschaft zurckgeblieben. Dies gilt ganz besonders fr diejenigen Politiker, die trotz Globalisierung und Weltwirtschaft immer noch mit rhrender Unverfrorenheit von nationalen Interessen reden. (Seite 51)
Es ist kaum zu fassen, dass Archiati nicht bemerkt hat, dass sich immer mehr Vlker gegen die Globalisierung wehren. Zu ihnen gehren China, Russland und Indien, die sich schon 1996 in der Shanghai Cooperation Organization (SCO) zusammengeschlossen haben. Seither sind Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan und Kirgistan der Allianz beigetreten. Mongolei, Indien, Pakistan und der Iran sind seit 2005 im Beobachter-Mitgliederstatus. Unter Hugo Chvez ist Venezuela mit llieferungen an China Handelspartner der SCO geworden.
Die SCO sieht sich als Abwehrorganisation von Staaten, die ins Fadenkreuz der USA geraten sind, weil sie sich diesen weder unterwerfen, noch ihnen ihre Reserven an Erdl, Erdgas und anderen strategischen Rohstoffen ausliefern wollen. Die meisten von ihnen sind dazu bergegangen, Erdl, Erdgas und andere Rohstoffe sowohl zu Euro-Preisen, gegen Landeswhrung, als auch am Dollar vorbei auf dem Tauschweg gegen andere Rohstoffe zu verkaufen. (Richard Melisch Der letzte Akt die Kriegserklrung der Globalisierer)
Es wird aber hchst brisant, wenn ein mchtiger Staat gegen einen schwcheren ins Feld zieht. Und der Irakkrieg ist gewiss kein Einzelfall. (Seite 51)
Archiati, auch wenn er es noch nicht weiss, stellt sich mit diesem Vorwurf auf die Seite der Anti-Globalisten. Auf den weiteren Buchseiten nimmt er die wegen ihrer nationalen Ansprche auf dem halben Erdenkreis Unmut erweckenden USA ins Visier. Die Geldmchtigen seien in wenigen Nationen zusammengeballt, allen voran in den USA. Sie wrden ihre persnlichen Gruppeninteressen als nationale Interessen vortuschen. Dass diese mit ihrer One World-Obsession und Auslagerung ihrer Produktion in asiatische Lnder, mit noch hherem Gewinn nach China, auch die gezielt taktierenden Verursacher der vereinheitlichten Weltwirtschaft sind, will ihm dennoch nicht in den Kopf:
Die grosse Herausforderung liegt darin, der Weltwirtschaft Rechnung zu tragen. Dies kann nur dadurch geschehen, wenn die ganze Menschheit als einziger Organismus gesehen und erlebt wird. Die Weltwirtschaft ist der Nachweis dafr, dass alle Menschen eine unteilbare Einheit bilden. Die Vorteile der Globalisierung mssen allen Menschen in gleicher Weise zukommen. (Seite 52)
Zwar kann man die gesamte Erde als einen einzigen Organismus begreifen, was sie unzweifelhaft ist, nicht aber die ganze Menschheit oder alle Menschen. So wenig wie nur schon zwei Familien oder zwei Bienenvlker ein einziger Organismus sind, sind es die vielen Vlker dieser Welt auch nicht. Archiati zeigt sich hier als ein Befrworter der vom Kapitalismus angestrebten Globalisierung, mit der alles Gewachsene ausgerottet und gleichgeschaltet werden soll. Grenzen, Nationen und Kulturen sollen verschwinden und die Vlker sich in einem multikulturellen Einheitsbrei auflsen. Man kann nicht dem privilegistischen Geldsystem der Ruberbarone abschwren und gleichzeitig einer globalisierten Weltwirtschaft zustimmen.
Das Anklagen der Geldmchtigen oder -gierigen bleibt unfruchtbar: Ein wichtiger Grund dafr ist, dass die immer bedrohlicher werdende Macht des Geldes zum grossen Teil durch die Ersparnisse der Kleinanleger zustandekommt. (Seite 55) Es sind erst die vielen Kleinsparer, die eine solche zerstrerische Grossspekulation ermglichen. (Seite 116)
Hier scheint die Unerschpflichkeit der denkerischen Krfte den Autor vollends verlassen zu haben. Wir mssen daher ein wenig weiter auszuholen: Das World Institute for Development Economics Research der UN-Universitt in Helsinki hat kurz vor Jahresbeginn 2007 eine Studie verffentlicht, die erstmals fr mehr als 94 Prozent der Weltbevlkerung die Verteilung von Einkommen und Vermgen bis zum Jahre 2000 detailliert untersucht.
Es ist hinreichend bekannt, dass derzeit zwei Milliarden Menschen von weniger als einem Dollar pro Tag leben mssen, die Hlfte der Weltbevlkerung von knapp zwei Dollar. Nach wie vor leben 2,8 Milliarden Menschen auf der Welt in Armut; 1,3 Milliarden davon in extremem Elend. In Deutschland, einem der reichsten Lnder, stieg die Zahl der Armen auf einen Bevlkerungsanteil von 13,5 Prozent, wie mittlerweile zwei Armutsberichte der Bundesregierung eingestehen. Ein Armutszeugnis fr sieben [10] Jahre rot-grner Regentschaft.
Dem vorliegenden Material lsst sich entnehmen: 90 Prozent des weltweiten Reichtums (Netto-Haushaltsvermgens) befinden sich in Nordamerika, Europa und im asiatisch-pazifischen Raum (Japan, Australien). Auf Nordamerika, mit sechs Prozent der erwachsenen Weltbevlkerung entfllt allein ein Drittel des Weltvermgens auf Indien mit mehr als 15 Prozent der Erwachsenen weltweit hingegen nur ein knappes Prozent.
Aber auch zwischen den reichen Lndern des Nordens variieren die Vermgenswerte betrchtlich: In Irland gehren dem obersten einen Prozent der Vermgenden 10,4 Prozent aller privaten Haushaltsvermgen, in der Schweiz [gehren dem obersten einen Prozent der Vermgenden] nicht weniger als 34,8 Prozent, in den USA (wegen notorisch unvollstndiger Daten fr die Superreichen) nur 33 Prozent. Dafr entfallen dort auf die Spitzengruppe der obersten zehn Prozent der Vermgensinhaber fast 70 Prozent der gesamten privaten Haushaltsvermgen. In China halten die obersten zehn Prozent gerade 40 Prozent.
Wer zur Topliga der Reichen dieser Welt gehren will, muss ber ein Vermgen von mehr als 500000 Dollar verfgen. Diese Spitzengruppe umfasst immerhin 37 Millionen Erwachsene. Daraus folgt, dass den obersten zehn Prozent gut 85 Prozent des Weltvermgens gehren. In der unteren Hlfte dieser Pyramide muss sich die Hlfte der erwachsenen Weltbevlkerung hingegen mit gerade einmal einem Prozent des Weltvermgens begngen. Wo sind die Reichen und Superreichen dieser Erde zu finden? In den USA leben 37 Prozent der Superreichen, es folgt Japan mit 27 Prozent. Auf Brasilien, Indien, Russland, die Trkei und Argentinien entfllt jeweils knapp ein Prozent der globalen Spitzengruppe.
Und da will uns Archiati weismachen, dass die immer bedrohlichere Macht durch die Ersparnisse der Kleinanleger kommt!
Es ist dringend notwenig, dass die wirtschaftliche Vernunft sich dazu entschliesst, den praktischen Anforderungen der Weltwirtschaft Rechnung zu tragen. (Seite 59)
Man kann nicht das herrschende Geldsystem bekmpfen und die globalisierte Weltwirtschaft, die es sich zum Ziel gesetzt hat, befrworten.
Kann das schnelle Weitergeben des Geldes so vorteilhaft gemacht werden, dass alle es schnell weitergeben? Ja, es gibt ein Wundermittel, das schlagartig in allen Menschen die reinste Freude erzeugen wrde, das Geld, das sie jeweils bekommen, so schnell wie mglich wieder los zu werden. Und dieses Wundermittel heisst: Alles Geld der Welt, in welcher Form auch immer es existiert, verliert am Ende des Jahres automatisch soundso viel an Wert. Wenn der Schein am Ende nichts mehr wert ist, wird er aus dem Verkehr gezogen. Entsprechend wird neues Geld gedruckt und in Umlauf gebracht. (Seite 120)
Solche Ideen stammen aus der Mottenkiste Silvio Gesells, den Archiati auf S.127 ausdrcklich erwhnt. Gesell wollte mit der stufenweisen Entwertung die Hortung des Geldes, den stockenden Geldumlauf, verhindern. Doch Spargelder werden auf den Banken nicht gehortet, sondern bis zum fnffachen Zins weiterverliehen. Die Kontrolle einzelner Banknoten auf ihr Ablaufdatum verkme zum unzahlbarer Brokratismus. Und wie dies in der heutigen Zeit mit elektronischem Geld vor sich gehen soll, bleibt das Geheimnis der Gesellianer.
Inzwischen haben wir lngst eine Finanzwirtschaft mit einem Geldvolumen, das smtliche Realwerte der Erde bertrifft. Auch Archiati hat gemerkt, dass unser Geldsystem reformbedrftig ist. Sein Buch vermittelt viel Einfhlungsvermgen in sozialwirtschaftliche Bedrfnisse. Den sozialen Frieden zu wahren ist ihm Pflicht. Sein Anspruch, moralische Werte zu beachten, durchzieht sein ganzes Buch. Wer sich nicht so sehr fr die technischen Einzelheiten des Geldsystems interessiert, dem sei das Buch wrmstens empfohlen.
Der Weg zur Geldreform heisst Volksgeld: Abschaffen der Bankenprivilegien. Geldschpfung nur zu Steuerzwecken. Statt des bisherigen brokratischen Einzugs von Steuern aller Art soll neues Geld zu Steuerzwecken (Staatshaushalt) im Verhltnis zur Brgerzahl an die Gemeinden verteilt werden. Das bisherige Eintreiben von Steuern entfllt. Milliarden von Geld fr Steuerbehrden knnen eingespart werden.
Fussnoten
1 Pietro Archiati Geld ist gut, Vertrauen ist besser, Archiati Verlag, Bad Liebenzell 2008, 184 Seiten, 8Euro.
2 Primre Berufe: Jagd, Fischerei, Landwirtschaft und dgl.; Sekundre Berufe: Metzger, Gerber, Mller, Schreiner, Bergbau und dgl.; Tertire Wirtschaftsformen: Industriebetriebe (Automobile, Flugzeugbau, Computerbau, Chemie, Pharmazie, Elektrizittsbetriebe usw.); Quartre Betriebe sind solche, die fr Tertirbetriebe Dienstleistungen erbringen, z.B. Reinigungsinstitute, Personalvermittlung, Software-Produktion (Outsourcing) und andere.
3 Ein Bit ist eine elektronische Speicherstelle auf einem Datentrger. Fr die Darstellung von Ziffern, Buchstaben und Sonderzeichen werden (in der Regel) acht solcher Bits bentigt, die als Einheit das Byte genannt wird. Mit einem Byte lassen sich 256 (28) unterschiedliche Zeichen darstellen.
4 In den USA kennt man die Milliarde, Billiarde usw. nicht. Man zhlt Million, Billion, Trillion usw. Die Zhlung geht von 1 bis 9999 Billionen. In Europa 1 bis 999 Milliarden. 1000 Milliarden sind 1 Billion.